Hysterektomie mit oder ohne Oophorektomie?

Gyn-Depesche 5/2017

Es gilt, Vor- und Nachteile abzuwägen

Es gibt gute Argumente, bei einer Hysterektomie die Ovarien zu entfernen. Dieses Vorgehen birgt aber auch gesundheitliche Risiken. Man sollte die Patientin über Vor- und Nachteile informieren und ihr die Wahl über das Vorgehen lassen.

Wenn bei Frauen mit Krebs im reproduktiven Trakt oder einem hohen Risiko für ein solches Malignom die Gebärmutter entfernt werden muss, spricht viel dafür, auch die Ovarien zu entfernen. Mamma- oder Endometriumkarzinome werden oft durch Ovar-Hormone stimuliert. Ein unilaterales Ovarialkarzinom kann sich auf die andere Seite ausbreiten. Bei prämenopausalen Frauen ohne eine solche spezielle Indikation für die Hysterektomie werden bei dieser aber oft ebenfalls beide Ovarien entfernt, mit dem Argument, einem späteren Ovarialkarzinom vorzubeugen. Dieser Schutz ist nicht nur plausibel, sondern auch real, wie Studien zeigen. Das Lebenszeit-Risiko eines Ovarialkarzinoms liegt im UK aber bei nur 1: 52; die Entfernung eines metabolisch-endokrin aktiven Organs könnte auf lange Sicht aber auch schädlich sein. Der Karzinomschutz ist real Die amerikanische Nurses’ Health Study hatte bereits gezeigt, dass ein Belassen der Ovarien bei Hysterektomie wegen gutartiger Leiden mit einer Erniedrigung von Gesamtmortalität, KHK-Mortalität und Tod durch jegliche Malignome einhergeht, verglichen mit der beidseitigen Oophorektomie. Eine britische Arbeitsgruppe wollte diese Erkenntnis auf eine noch breitere Basis stellen und führte dazu eine ganz Großbritannien umfassende Studie zu diesem Thema durch, wozu eine nationale Datenbank mit Krankenhauseinweisungen und das nationale Sterberegister dienten. Zwischen April 2004 und März 2014 registrierte man 113 679 Patientinnen im Alter von 35 bis 45 Jahren, die mit benigner Indikation hysterektomiert wurden. Man verglich die bilaterale Oophorektomie (ein Drittel der Frauen) mit der ein- oder beidseitigen Erhaltung der Ovarien. Patientinnen mit Ovar-Erhalt wurden seltener wegen KHK hospitalisiert gegenüber solchen mit beidseitiger Entfernung (korrigierte Hazard Ratio 0,85; signifikant). Auch onkologisch bedingte stationäre Aufnahmen nach der Hysterektomie waren in der ersten Gruppe seltener (HR 0,83; signifikant). Ein signifikanter Vorteil (0,60% versus 1,01%; HR 0,64; signifikant) ergab sich auch bei der Gesamtmortalität. Ähnliche Daten ermittelte man bei der kardialen und bei der Krebs-Mortalität. Keine signifikanten Unterschiede zeigten sich hinsichtlich versuchtem oder vollendetem Suizid. Patientinnen entscheiden lassen Die Daten bekräftigen die Erkenntnisse aus der Nurses’ Health Study, die ein anderes Design hatte, weitgehend. Die Häufigkeit von Hysterektomien nimmt entgegen manchen Prognosen in letzter Zeit ab, aber mit langsamem Tempo, wie die britischen Autoren feststellen. Oophorektomien werden in rund 40% der Fälle durchgeführt, sodass die Frage nach deren Folgen weiterhin von Relevanz ist. Obwohl die bilaterale Oophorektomie vor Ovarialkarzinom schützt – allerdings nicht zu 100%, da einige dieser Malignome in den verbleibenen Eileitern auftreten – , sollten nach Ansicht der Autoren prämenopausale Frauen darauf hingewiesen werden, dass diesem Nutzen erhöhte Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen und andere (häufigere) Malignome sowie eine höhere Gesamtmortalität gegenüberstehen. Es ist zu hoffen, dass die Zahl der Frauen, die ihre Eierstöcke bei Hysterektomie erhalten haben wollen, im Lichte der aktuellen Erkenntnisse zurückgeht. WE

Quelle:

Mytton J et al.: Removal of all ovarian tissue versus conserving ovarian tissue ... BMJ 2017; 356: j372

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