Kriminalität gegen Frauen

Gyn-Depesche 6/2017

Höheres Herz-Kreislauf-Risiko bei Gewaltopfern

Dass psychischer Stress das kardiovaskuläre Risiko erhöht, ist bekannt. Angesichts der wachsenden Kriminalität gegenüber Frauen fragten sich mexikanische Wissenschaftler, ob dabei auch das Erleben physischer und sexueller Gewalt eine Rolle spielt.

Von 634 befragten mexikanischen Lehrerinnen ohne eine bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankung hatten knapp 40% in der „Life Stressor Checklist“ angegeben, in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren zu haben. Um das kardiovaskuläre Risiko der im Schnitt knapp 40-jährigen Frauen einzuschätzen, wurde mittels Ultraschall die Intima-media- Dicke (IMD) der A. carotis communis bestimmt. Als Marker einer subklinischen Atherosklerose definierte man eine IMD von mindestens 0,8 mm oder das Vorhandensein von Plaques.
Frauen, die Gewaltdelikten ausgesetzt waren, hatten im Schnitt eine 2,4% größere IMD. Potenzielle Störfaktoren wie das Alter, Nikotinkonsum und Menopausenstatus waren dabei bereits berücksichtigt. Die Wahrscheinlichkeit einer subklinischen Atherosklerose lag um 60% höher als bei Frauen, die keine Gewalt erlebt hatten. Als besonders stark erwies sich die Assoziation bei körperlicher Gewalt (im Vergleich zu sexueller) und bei Gewalttaten im Erwachsenenalter (im Vergleich zum Jugendalter). Nach einem Überfall oder Angriff durch einen Fremden stieg das Risiko sogar auf das Doppelte.
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass Gewalt gegen Frauen nicht nur kurzfristig ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit schadet, sondern sich auf lange Sicht negativ auf das kardiovaskuläre Risiko auswirkt. Der Prävention von Gewalttaten sollte deshalb – auch aus langfristiger medizinischer Sicht – mehr Bedeutung zukommen, fordern die Autoren. CW
Quelle:

Flores-Torres MH et al.: Exposure to violence and carotid artery intima-media thickness in Mexican women. J Am Heart Assoc 2017, doi: 10.1161/ JAHA.117.006249

ICD-Codes: T74.2

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