Beim richtigen und schnellen Einordnen der Emotionen ihres Gegenübers gelten Frauen den Männern als überlegen. Doch scheint ihre Leistungsfähigkeit darin erheblichen Schwankungen zu unterliegen. Eine britische Studie ging der Frage nach, inwieweit sich Zyklusphase und Hormonspiegel auf die Gefühlswahrnehmung auswirken.
Insgesamt 44 psychiatrisch gesunden Frauen wurden animierte Gesichtsausdrücke von Ärger, Freude, Angst, Trauer und Ekel in unterschiedlicher Abfolge präsentiert. Zum Zeitpunkt des Tests befanden sich 16 Frauen in der Follikularphase (Tag 7-13) und jeweils 14 in der frühen (Tag 15-19) oder späten (Tag 22-27) Lutealphase ihres regelmäßigen und von exogenen Hormonen unbeeinflussten Zyklus. Speichelproben dienten zur Bestimmung ihrer Progesteron- und Östrogenwerte.
Einen signifikanten Einfluss der Zyklusphase auf die Emotionserkennungsleistung konnten die Studienautoren nicht nachweisen. Sie fanden jedoch Assoziationen mit den gemessenen Hormonwerten. So verlängerten höhere Progesteronspiegel die Reaktionszeit auf wütende, traurige, erfreute und neutrale Gesichtsausdrücke. Die Östrogenspiegel veränderten dagegen spezifisch die Wahrnehmung von Ekel: Höhere Werte – wie sie kurz vor der Ovulation auftreten – führten zu einer Verschlechterung der drei untersuchten Leistungskriterien Trefferzahl, Diskriminationsgenauigkeit und Antworttendenz. Nicht beeinflusst wurde die soziale Wahrnehmung von möglicherweise zyklusassoziierten Stimmungsveränderungen oder prämenstruellen Beschwerden.
Offensichtlich spielen also ovarielle Hormone eine Rolle bei der Modulation der Emotionserkennung. Dass die Zyklusphase selbst – anders als in früheren Studien – keinen signifikanten Effekt bei den Frauen zeigte, könnte nach Ansicht der Autoren an einer zu geringen Stichprobengröße liegen. Keine Erklärung haben sie bislang dafür, dass hohe Östrogenspiegel ausgerechnet den Eindruck von Ekel zu verschleiern scheinen. CW