Mammogramme beurteilen

Gyn-Depesche 5/2016

Reihenfolge ist egal

Mammogramme im Rahmen des Screenings zu interpretieren, ist anspruchsvoll und kann auf Dauer ermüdend sein ... könnte man denken. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Aufmerksamkeit des beurteilenden Arztes mit der Zeit nachlässt. Die Bildserie vom zweiten Beurteiler in der umgekehrten Reihenfolge durchsehen zu lassen, könnte den Ermüdungseffekt aufheben und so die Brustkrebs-Detektions rate verbessern, oder?

Da im Allgemeinen die Aufmerksamkeit bei repetitiven Aufgaben nachlässt, könnten Mammogramme, die am Ende eines langen radiologischen Arbeitstages analysiert werden, mit höherer Wahrscheinlichkeit fehlinterpretiert werden. In England untersuchten Forscher an 46 Brustkrebszentren, ob sich daran etwas ändert, wenn man beim zweiten Beurteiler die Bildreihenfolge umkehrt.
Hierfür wurden innerhalb eines Jahres im Rahmen des routinemäßigen Screenings Mammogramme von fast 1,2 Mio. Frauen aufgenommen. Diese wurden von zwei unabhängigen Experten beurteilt, die sich aus 186 Radiologen, 143 erfahrenen praktischen Ärzten und 31 Klinikärzten von Brustkrebszentren zusammensetzten. Die Beurteiler gingen dabei entweder – wie üblich – in der gleichen Reihenfolge vor oder jeweils ein Experte beurteilte die Bildreihe in umgekehrter Reihenfolge, beginnend mit der letzten Aufnahme.
Entgegen den Erwartungen, änderte die Reihenfolge jedoch weder etwas an der Krebsdetektionsrate (bei gleicher bzw. unterschiedlicher Reihenfolge 0,88 bzw. 0,87%) noch an der Widerrufs- oder der Widerspruchsrate (4,14 vs. 4,17% bzw. 3,34 vs. 3,48%). Auch der positive Prädiktionswert war in beiden Gruppen vergleichbar (21,4 bzw. 20,9%). In beiden Gruppen war die Wahrscheinlichkeit, einen Brustkrebs zu erkennen, bei der 40. Aufnahme ebenso hoch wie beim ersten Mammogramm einer Bildserie. Die Reihenfolge der zu beurteilenden Aufnahmen umzukehren bringt folglich keinen Vorteil – und es scheint keinen Ermüdungseffekt bei den Beurteilern zu geben. OH
Quelle:

Tylor-Phillips S et al.: Effect of using the same vs different order for second readings of screening mamograms on rates of breast cancer detection. JAMA 2016; 315(18): 1956-65

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