Medikamenten-Entwicklung

Gyn-Depesche 1/2017

Zu wenig Forschung an Schwangeren?

Spätestens seit dem Contergan-Skandal hat die Öffentlichkeit ein generell gespaltenes Verhältnis zur medikamentösen Therapie von Schwangeren. Von Zulassungsstudien werden Schwangere zu ihrer eigenen Sicherheit meistens ausgeschlossen. Das hat aber auch nachteilige Folgen, wie australische Autoren feststellten.

Kommentar

Informationen zur Verträglichkeit vieler Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit finden sich z. B. unter www.embryotox.de.

Redaktion Gyn-Depesche
Es geht nicht um „orphan drugs“, sondern um „drug orphans“, also um Schwangere, denen zugelassenen und geprüfte Medikamente so fehlen wie dem Waisenkind die Eltern. Dass sich daran auch in Zukunft kaum etwas ändern wird, fanden die Forscher heraus, nachdem sie über 300 000 Studien daraufhin analysierten, ob Medikamente bei Schwangeren getestet wurden.
Wurden sie selten, so die Erkenntnis: Über alle Studienregister hinweg lag der Anteil an Studien, die ein Medikament an Schwangeren prüften (PDT, pregnancy drug trial), zwischen 0 und 7,4%. Wenn die Autoren einen PDT fanden, betraf dieser meist Anästhesie, Frühgeburtlichkeit, Tokolyse, Weheneinleitung oder endokrine oder hypertensive Erkrankungen – weniger als 6% untersuchten die maternale oder fetale Gesundheit als Primär- Outcome. Im untersuchten Zeitraum zwischen 2013 und 2014 beschäftigte sich ein Drittel der aktiven Studien mit einer „neuen Indikation Schwangerschaft“ bei bereits für andere Indikationen zugelassenen Medikamenten; speziell für die Schwangerschaft wurden nur drei neue Wirkstoffe entwickelt. Schwangere werden also weiterhin zumeist für sie ungetestete Medikamente – „off label“ – einnehmen (müssen). CB
Quelle:

Scaffidi J et al.: The pregnant women as a drug orphan: a global survey ... BJOG 2017; 124: 132-40

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