Die Suche nach einem Kontrazeptivum für den Mann verlief bisher unter anderem deshalb schleppend, weil kein effektives Screening zur Verfügung stand, mit dem sich der Effekt einer hohen Zahl von Substanzen auf die Befruchtungsfähigkeit der Samenzellen untersuchen ließ. Diese Lücke konnten Wissenschaftler der Universität von Dundee (Großbritannien) jetzt schließen. Sie entwickelten ein automatisiertes, Phänotyp- basiertes Hochdurchsatz-Verfahren für Sperma. In einem ersten Schritt wird dabei mithilfe von bildgestützten kinetischen Analysen die Motilität der Spermien in Mikrotiterplatten bestimmt. Danach erfolgt eine Überprüfung der Akrosomreaktion und der Lebensfähigkeit der Samenzellen mittels Durchflusszytometrie. Der gesamte Durchlauf einer 384-Loch-Platte mit verschiedenen Testsubstanzen dauert etwa 75 Minuten.
Das neuentwickelte Testverfahren nutzten die Forscher, um die weltweit größte Substanzbibliothek „ReFrame“ mit fast 12.000 klinisch oder präklinisch erforschten Wirkstoffen auf potenzielle Motilitätshemmer zu untersuchen. Tatsächlich fanden sie 63 Substanzen, die die Beweglichkeit der Spermien um mindestens 15 % verringerten, und 14, die eine vorzeitige Akrosomreaktion induzierten. Als vielversprechendste Kandidaten erwiesen sich nach mehreren Bestätigungsreihen der Aldehyd-Dehydrogenase-Inhibitor Disulfiram und ein möglicher Thrombozytenaggregationshemmer, die die Motilität um 70 bzw. 100 % reduzierten. Von den Substanzen, die die Akrosomreaktion beeinflussten, überstand keine die weiterführenden Tests. Parallel fanden die Wissenschaftler eine große Zahl von Wirkstoffen, die einen positiven Effekt auf die Spermienmotilität zeigten. Disulfiram wird seit langem zur Unterstützung der Abstinenz bei Alkoholabusus eingesetzt und gilt als gut verträglich. Seine hemmende Wirkung auf die Spermienmotilität war bereits bekannt. Die starken systemischen Reaktionen bei Alkoholgenuss sprechen allerdings gegen einen Einsatz als Kontrazeptivum. Zudem erwies sich der fertilitätsmindernde Effekt als nicht ausreichend reversibel.
Die Autoren hoffen jedoch, dass sich durch die Erforschung des Wirkmechanismus ein neuer Ansatz für die Suche nach weiteren Kandidaten oder molekularen Targets ergibt. Auch für das Verständnis der Biologie der Spermienbewegung könnte ihre Screening-Methode interessant sein. CW