Zwei Untersuchungen, zwei Folgerungen

Gyn-Depesche 6/2009

Austreibungsperiode: Die Suche nach dem Zeitlimit geht weiter

Jeweils als Sekundäranalysen großer Studien fanden zwei Untersuchungen statt, einmal zu den Auswirkungen der Dauer der gesamten Austreibungsphase auf die mütterliche und die kindliche Morbidität, einmal zum aktiven Teil.
Praxisfazit
?! Im zugehörigen Editorial wird auf die ACOG-Definitionen für verlängerte Wehen und die ACOG-Aussage verwiesen, dass die Länge der Austreibungsphase als solche weder eine absulute noch eine harte Indikation für einen Eingriff darstellt. Der Verfasser fragt, ob Chorioamnionitis, Uterusatonie und postpartale Hämorrhagie nicht eher Ursachen oder Begleiter einer langen Phase als deren Folgen sein könnten. Nur eine randomisierte Studie kann klären, ob operative vaginale Entbindung nach zwei oder drei Stunden besser ist als Abwarten. Einstweilen sind Nutzen und Risiken von Abwarten und Eingreifen immer sorgfältig abzuwägen. Caughey AB: Is there an upper time limit for the management of the second stage of labour? Ebd. 337-338

Aus den USA berichten 17 Autoren aus einer 14-Zentren-Studie zu fetaler Puls-oxymetrie über 4126 Erstgebärende (ab SSW 36, Hinterhauptslage, zu 95% Epidural­­­an­al­gesie). Gewertet wurde die Zeit vom ersten Befund einer voll dilatierten Zervix bis zur Geburt. Mit deren Dauer gingen die Raten spontaner vaginaler Geburten zurück, von 85,2% bei weniger als 1 h auf 8,7% bei 5 h und mehr. Mindestens 3 h dauerte die Pha­se bei 9% der Frauen, 55% konnten noch vaginal entbinden.

Unkorrigiert waren mehrere Ereignisse für die Mutter signifikant mit der Zeit assoziiert, u. a. Chorioamnionitis (insges. 3,9%), Perineum-Risse Grad 3 oder 4 (8,7%) und Uterusatonie (3,9%). Nach Korrektur um den Entbindungsmodus fielen Endometritis und Transfusionen weg. Die Studie, 2006 publiziert, hatte einen zusammengesetzten neonatalen Endpunkt (u. a. 5-min-Apgar unter 4, pH-Wert Nabelschnurarterie unter 7,0, Intensiv-Verlegung). Unkorrigiert waren Intensiv-Verlegung der Babys und der Endpunkt signifikant mit der Zeit assoziiert. Nach Korrektur galt dies nur mehr für Plexus-brachialis-Ver­letzungen (elf Fälle bei Entlassung ohne Nachbeobachtung, unklare Relevanz).

Die Verfasser zitieren mehrere Studien mit ähnlichen Ergebnissen. Als Schwachpunkt ihrer Arbeit nennen sie u. a., dass nicht feststellbar war, ob früheres Eingreifen Komplikationen vermieden hätte. Die „Kosten“ einer evtl. spät möglichen vaginalen Entbindung (mehr Dammrisse, erhöhte infek­tiöse Morbidität und Uterusatonie, Odds Ratios für jede weitere Stunde von 1,3 bis 1,8, für die Babys mehr Transfers auf die Intensivstation, Odds Ratio 1,4) mögen manche Frauen und Betreuer akzeptabel finden, andere wiederum nicht. Fazit: Die Austreibungsphase muss man nicht allein aufgrund der Dauer beenden.

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