In-vitro-Fertilisation

Gyn-Depesche 1/2021

Blastozystentransfer für alle?

Die Blastozystenkultur erhöht die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft nach Embryotransfer, aber auch das Risiko eines Zyklusabbruchs. Auf die Lebendgeburtenrate wirkt sich das insgesamt offenbar nicht negativ aus.
An der Universität von Gent untersuchte man über einen Zeitraum von acht Jahren, wie der schrittweise Übergang der IVFStrategie von einem Embryotransfer an Tag 3 zu Tag 5 die Schwangerschaftsrate beeinflusst. In die Studie gingen alle Zyklen ein, in denen an Tag 1 nach IVF oder ICSI mindestens eine befruchtete Eizelle vorlag (insgesamt 5.401). In der ersten Phase von 2010 bis 2011 wurde der Transfer routinemäßig im Furchungsstadium (Tag 3) durchgeführt. In der zweiten Phase erfolgte eine Blastozystenkultur und ein Transfer an Tag 5, wenn bei der IVF mindestens neun Zygoten entstanden waren – unabhängig von anderen klinischen oder embryologischen Prognosefaktoren. Dies war bei rund 20 % der Frauen der Fall. Im dritten Schritt wurde das Verfahren auf alle Frauen mit vier oder mehr Embryonen ausgedehnt (62 %), bevor im letzten Zwei- Jahres-Zeitraum alle Frauen einen Blastozystentransfer erhielten. Überzählige Embryonen wurden kryokonserviert und in späteren Zyklen übertragen.
Erwartungsgemäß stieg bei einem höheren Anteil von Blastozystenkulturen die Rate der Zyklen, in denen kein Embryo mit ausreichender Qualität für den Transfer zur Verfügung stand. Dies war in Phase 3 bei 5,3 % und in Phase 4 bei 18,7 % der Fall, in den ersten beiden Phasen nur bei jeweils rund 3 %. Gleichzeitig kletterte der Anteil der Single-Embryo-Transfers (SET) von anfangs 48,4 % auf 87,8 %. Das Risiko einer Zwillingsschwangerschaft sank entsprechend von 11,0 % auf 2,5 %. Sowohl die Schwangerschafts- als auch die Lebendgeburtenrate nach einem Transfer waren bei einem routinemäßigen Blastozystentransfer höher als bei einem generellen Transfer an Tag 3 (39,3 und 24,2 % vs. 26,7 und 19,1 %). Pro IVF-Zyklus mit Oozytenentnahme ergab sich bei beiden Strategien eine vergleichbare Lebendgeburtenrate bei frisch transferierten Embryonen (19,7 % vs. 18,5 %). Kumulativ stieg diese auf 25,9 % mit an Tag 3 kryokonservierten Embryonen und auf 28,4 % mit Blastozysten. Signifikant höher, nämlich bei 25,6 % bzw. kumuliert bei 35,8 %, lagen die Lebendgeburtenraten allerdings in Phase 3, in der der Blastozystentransfer nur bei Frauen mit mindestens vier Zygoten durchgeführt worden war (siehe Grafik).
 
Tabelle  Lebendgeburt und Transferabruchrate

Die vorliegenden Studienergebnisse sprechen nach Ansicht der Autoren dafür, dass sich die generelle Umstellung von einem Tag- 3- auf einen Tag-5-Transfer auch bei unselektierten Patientinnen nicht negativ auf die Chance einer Lebendgeburt auswirkt. CW

Quelle: De Croo I et al.: A stepwise approach to move from a cleavage-stage to a blastocyst-stage transfer policy for all patients in the IVF clinic. Hum Reprod Open 2020; doi: 10.1093/hropen/hoaa034

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