Angeborene Vitien

Praxis-Depesche 4/2019

CAVE: Schwangere mit Herzfehler

Zertifizierte Fortbildung

Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbett stellen das Herz-Kreislauf-System vor besondere Herausforderungen. Frauen mit einem angeborenen Herzfehler brauchen deshalb eine kompetente multidisziplinäre Betreuung.

Etwa ein Drittel der Schwangeren mit angeborenen Herzvitien weist nach Angaben des „European Registry on Heart Disease“ einfache Defekte auf wie Ventrikel- oder Vorhofseptumdefekte. Der Rest leidet an komplexen Fehlbildungen wie Aortenisthmusstenose, Transposition der großenArterien und Marfan-Syndrom. 2 bis 5 % sind Hochrisikopatientinnen mit zyanotischen Herzerkrankungen, univentrikulärem Herz oder angeborenen Kardiomyopathien.
 
Viele Risiken für Mutter und Kind
 
Die schwangerschaftsassoziierte Mortalität liegt bei Frauen mit einem Herzfehler ca. 100 Mal höher als in der Normalbevölkerung. Nach einer Studie mit knapp 3.000 Schwangeren leiden Frauen mit angeborenen Vitien vor allem im späten zweiten und im dritten Trimenon häufiger an Arrhythmien; 13 % entwickelten eine Herzinsuffizienz – meist im späten zweiten Trimenon oder peripartal. In einer anderen Studie kam es bei einem Viertel der Schwangeren mit angeborenem Herzfehler zu postpartalen Blutungen.
Auch das Risiko fetaler und neonataler Komplikationen ist erhöht. Die Fehlgeburtenrate kann bis zu 50 % betragen. Die Inzidenz von SGA-Babys (small for gestational age) lag in Studien bei 25 %, die neonatale Mortalität bei 4 %. Zu vorzeitigen Wehen oder einem vorzeitigen Blasensprung kam es in 12 bzw. 14 % der Fälle.
 
EKG und Medikations-Check
 
In einigen Fällen, etwa schwerer Linksherzobstruktion oder arteriellem Lungenhochdruck, sollte eine Schwangerschaft vermieden werden. Hinsichtlich Teratogenität sind ACE-Hemmer und Angiotensin- Rezeptorblocker (ARB) kontraindiziert, weil sie zu tubulärer Dysgenesie, neonasalem Nierenversagen, fetaler Wachstumsrestriktion und einer verminderten Ossifikation des Schädels führen können. Auch Spironolacton, Warfarin > 5 mg tgl., Amiodaron und Atenolol sollten nicht eingesetzt werden. Betablocker, Kalziumkanalblocker, Nifedipin oder Verapamil gelten als sicher.
In der 11. bis 14. SSW wird eine Messung der Nackenfaltendicke empfohlen, um das Risiko fetaler Herzfehler abzuschätzen. Eine fetale Echokardiographie in der 18. bis 20. SSW kann strukturelle und funktionelle Anomalien aufdecken. Zudem sollte das fetale Wachstum regelmäßig sonographisch überwacht werden – insbesondere dann, wenn die Mutter Betablocker nimmt.
 
Sectio bringt keine Vorteile
 
Meist kann eine vaginale Entbindung nach spontanem Weheneintritt angestrebt werden. Die Induktion mit Prostaglandinen gilt als sicher. Eine Sectio bringt wahrscheinlich keine Vorteile. Bei manchen Befunden, wie Marfan- Syndrom oder schweren Klappenstenosen, können Forzeps oder Saugglocke sinnvoll sein.
Zur Reduktion des Blutverlusts nach der Entbindung wird die Gabe von Oxytocin als langsame Infusion statt als Bolusinjektion empfohlen. Von Ergometrin wird aufgrund seiner hypertensiven Wirkung abgeraten. CW


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Cauldwell M et al.: Pregnancy in women with congenital heart disease. BMJ 2018; 360: k478

ICD-Codes: Q24.9

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