Frau mittleren Alters fühlt sich unwohl hält sich mit geschlossenen Augen den Kopf

Studie mit über 10.000 Frauen zeigt klare Assoziation

Gyn-Depesche 1/2021

Chirurgische Menopause erhöht Herz-Kreislauf-Risiko

Zertifizierte Fortbildung
Kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) stellen weltweit für Frauen die häufigste Todesursache dar. In den letzten Dekaden konnte dieses Risiko zwar gesenkt werden – aber gerade bei Frauen unter 55 Jahren kam es zur Stagnation, also zu keiner weiteren Verbesserung der CVD-Mortalität. Inwieweit die Menopause einen Einfluss auf die CVD-Sterblichkeit von Frauen hat, wird seit Langem diskutiert. Um hierzu valide Daten zu generieren, untersuchten Wissenschaftler aus Kanada eine Kohorte von über 10.000 Frauen aus der „Canadian Longitudinal Study on Aging“. Und tatsächlich fand sich eine klare Assoziation des Zeitpunktes und der Art der Menopause („natürlich“ vs. „chirurgisch“) mit der Herz-Kreislauf-Risiko-Prädiktion. Diese Erkenntnis hat einen relevanten Einfluss auf die Beratung von Patientinnen in der Praxis.
Bisherigen Studien zu dem Thema attestierten die Autoren der vorliegenden Arbeit teils methodische Schwächen. Insbesondere die Richtung der Kausalität des Zusammenhangs zwischen Menopause und CVD wurde in der Vergangenheit wohl nicht optimal dargestellt: Es wäre möglich, dass Frauen mit einem CVD-Ereignis vor einem Alter von 35 Jahren häufiger auch ihre natürliche Menopause vor dem 45. Lebensjahr erleben (reverse Kausalität). Oder es wäre möglich, dass Frauen mit chirurgischer Menopause eben auch andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen wie zum Beispiel Hypertonus, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie oder Adipositas. Deshalb wurde nun in der am 4. Januar 2021 veröffentlichten Studie versucht, das 10-Jahres-CVD-Risiko anhand des Framingham-Risiko-Scores (FRS) in Abhängigkeit von der Menopausenart und deren Timing zu schätzen. Der Framingham- Risiko-Score stellt ein etabliertes und für die Praxis geeignetes Tool zur Bestimmung des CVD-Risikos anhand der folgenden Parameter dar: Alter, Geschlecht, BMI, Diabetes mellius, systolischer Blutdruck, Antihypertensiva- Einnahme und Raucherstatus. Als CVDEreignisse gelten dabei koronarbedingter Tod, Myokardinfarkt, Koronarinsuffizienz, Angina pectoris, ischämischer oder hämorrhagischer Apoplex, TIA, pAVK und Herzinsuffizienz. Die untersuchte Kohorte bestand aus erwachsenen Frauen zwischen 45 und 85 Jahren, die geplant für 20 Jahre bzw. bis zum Tod nachverfolgt wurden. Das Alter bei Eintritt der Menopause wurde in fünf Gruppen kategorisiert: vorzeitige ovarielle Insuffizienz (< 40), frühe Menopause (40 bis 44), 45 bis 49, 50 bis 54 und über 55 Jahre. Die Gruppe zwischen 50 und 54 Jahren galt als Referenzgruppe. Von den eingeschlossenen 10.090 Frauen wiesen 8.200 eine natürliche und 1.890 eine chirurgische Menopause auf.
 
Klare Assoziationen
Frauen mit chirurgischer Menopause wiesen im Durchschnitt einen signifikant höheren FRS auf als Frauen mit natürlicher Menopause (12,34 vs. 10,77, siehe Tabelle 1). Bei Frauen mit natürlicher Menopause vor einem Alter von 40 Jahren war der FRS zudem höher als in Fällen, in denen die Monatsblutungen erst zwischen 50 und 54 sistierten. In beiden Gruppen waren höhere FRS-Werte mit dem Verzicht auf eine Hormonersatztherapie (HRT) assoziiert. Verglichen mit natürlicher Menopause führte eine chirurgische zu höheren FRSWerten (10,75 vs. 12,37). Setzte die Menopause im Alter zwischen 50 und 54 Jahren ein (Referenzgruppe), war der FRS im Vergleich zu den anderen Altersgruppen niedriger. Auch das Ausbildungsniveau spielte eine Rolle: Frauen mit höheren Abschlüssen wiesen niedrigere Risiko- Scores auf.
 
Empfehlungen für die Praxis
Auf den Punkt gebracht: Frauen mit chirurgischer Menopause weisen ein höheres Herz-Kreislauf-Risiko auf als Frauen mit natürlicher Menopause. Beginnt die natürliche Menopause in jüngeren Jahren, hat auch das eine Risikoerhöhung zur Folge. Eine frühe ovarielle Insuffizienz weist dabei das höchste Risiko auf. Bei der Beratung von Frauen sollte man – diesen Ergebnissen folgend – stets im Hinterkopf haben, die Herbeiführung einer chirurgischen Menopause zu vermeiden bzw. deren Häufigkeit zu minimieren. Zudem sollte bei Frauen mit erhöhtem CVD-Risiko auch frühzeitig an ein Herz-Kreislauf- Screening gedacht werden und entsprechende Gesundheitsförderungsmaßnahmen und Interventionen ergriffen werden. CB/Dr. med. Markus Kemper
 

 



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Price MA et al: Early and surgical menopause associated with higher Framingham Risk Scores for cardiovascular disease in the Canadian Longitudinal Study on Aging. Menopause 2021; doi: 10.1097/GME.0000000000001729
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