Auslöser der Diskussion war eine USamerikanische Studie aus dem Jahr 2014, die die Nachgeburten von 48 Schwangeren mittels 16S-rRNA-Sequenzierung auf bakterielle DNA untersuchte. Ihr zufolge beherbergte die menschliche Plazenta zwar eine geringe, aber nicht zu vernachlässigende Zahl nicht-pathogener Bakterien, deren Zusammensetzung Ähnlichkeiten zum Mikrobiom der Mundhöhle aufwies. Andere israelische Autoren zweifeln an der Existenz eines plazentaren Mikrobioms. Auch sie hatten Proben von insgesamt 28 menschlichen Nachgeburten auf die Anwesenheit von Bakterien überprüft. In allen Fällen war die Geburt per Sectio erfolgt, um das Risiko für Verunreinigungen zu minimieren. Jedoch gaben weder die 16S-rRNASequenzierung noch konventionelle Kulturmethoden Hinweise auf eine bakterielle Besiedelung. Zwei weitere kürzlich in hochrangigen Journals veröffentlichte Studien stellen die Existenz eines plazentaren Mikrobiom ebenfalls in Frage.
Ein überzeugendes Argument für die bakterielle Besiedelung der Plazenta ist dagegen die Beobachtung, dass bereits der Stuhl Neugeborener nicht völlig steril ist. Skeptiker wenden widerum ein, wäre der Fötus tatsächlich schon vor der Geburt besiedelt, wäre auch die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms von spontan vs. per Sectio geborenen Säuglingen nicht derart unterschiedlich (wie sie es erwiesenermaßen ist).
Bei der Diskussion um ein „plazentares Mikrobiom“ ist also noch alles offen. RG