Assistierte Reproduktion

Gyn-Depesche 1/2018

Das Altersparadoxon des Fehlbildungsrisikos

Nach dem Einsatz von assistierten Reproduktionstechniken (ART) scheint das Risiko für kongenitale Anomalien zu steigen. Australische Wissenschaftler untersuchten, ob das an der Fertilitätsbehandlung selbst oder an maternalen Faktoren liegt.

Kommentar

Bei den meisten beobachteten Assoziationen überlappten sich die Konfidenzintervalle der drei Gruppen. Das galt insbesondere in der Altersgruppe über 40 Jahren. Die Evidenz für unterschiedliche Fehlbildungsraten bei unterschiedlichen Arten der Konzeption ist daher nicht sehr überzeugend. Was bleibt ist die beruhigende Schlussfolgerung, dass bei älteren Frauen das Risiko kongenitaler Anomalien durch eine ART offensichtlich nicht steigt.

Jensen ET: Higher proportion of birth defects with assisted reproductive technology may not be attributable to advanced maternal age. Ebd. 1545
In den Geburtsregistern Südaustraliens fanden sich in den Jahren 1986 bis 2002 insgesamt 2211 Geburten nach IVF, 1399 nach ICSI und 301 060 nach spontaner Konzeption. Erwartungsgemäß lag der Anteil älterer Mütter sowie von Nulliparae und multiplen Schwangerschaften in den ART-Gruppen deutlich höher. Bei 7,1% der durch IVF gezeugten Kinder wurde in den ersten fünf Lebensjahren ein Geburtsdefekt diagnostiziert. Nach ICSI war dies bei 9,9% der Fall, nach spontaner Konzeption bei 5,8%.
Wie zu vermuten, stieg die Rate an kongenitalen Anomalien mit zunehmendem maternalen Alter – allerdings nur bei den Müttern ohne Fertilitätsprobleme. Bei Frauen, die eine IVF oder ICSI in Anspruch nahmen, zeigte sich ein gegensätzliches Bild: Im Vergleich zur Referenzgruppe der 30- bis 34-Jährigen lag das Fehlbildungsrisiko bei Frauen unter 30 Jahren um 42% höher, in der Altersklasse über 40 dagegen um 55% niedriger. Besonders ausgeprägt war dieses Muster in der IVF-Gruppe; in der ICSI-Gruppe fehlte die statistische Signifikanz.
Auch der Einfluss weiterer maternaler Faktoren hing von der Art der Konzeption ab. Ohne Fertilitätsbehandlung erwiesen sich Nulliparität, Rauchen, Diabetes, Asthma, Epilepsie und Anämie als Risikofaktoren. Nach einer IVF steigerten vor allem Übergewicht und Adipositas das fetale Fehlbildungsrisiko, nach einer ICSI dagegen Nulliparität, Anämien und Infektionen des Urogenitaltrakts.
Eine schlüssige Erklärung für die unterschiedlichen Assoziationen fanden die Studienautoren nicht. CW
Quelle:

Davies MJ et al.: Maternal factors and the risk of birth defects after IVF and ICSI: a whole of population cohort study. BJOG 2017; 124: 1537-44

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