Weibliche Genitalverstümmelung

Gyn-Depesche 3/2023

Defibulation: Wann, wo, von wem?

Infolge steigender Flüchtlingszahlen leben auch in Europa immer mehr Frauen mit weiblicher Genitalverstümmelung. Eine britische Arbeitsgruppe befragte betroffene Frauen, deren Partner und Gesundheitsfachkräfte, wann und in welchem Rahmen eine Therapie erfolgen sollte.

Bei FGM (female genital mutilation) vom Typ 3 der WHO-Klassifikation mit ganz oder teilweise entferntem äußeren Genitale und weitgehend verschlossenem Vaginaleingang erfordern obstruktiv bedingte Komplikationen oft eine chirurgische Intervention. Wann eine Defibulation erfolgen soll – vor dem ersten Geschlechtsverkehr, bei Kinderwunsch, während der Schwangerschaft oder peripartal –, darüber herrschen jedoch unterschiedliche Ansichten.

Britische Wissenschaftler:innen interviewten dazu 44 afrikanische Frauen mit FGM, zum Teil nach bereits erfolgter Defibulation, 13 Lebenspartner sowie 44 Fachkräfte des Gesundheitswesens. Die betroffenen Frauen sprachen sich tendenziell für eine Defibulation vor der Schwangerschaft oder sogar schon vor der Hochzeit aus. Ärzt:innen und Hebammen präferierten dagegen eher eine präpartale Intervention, betonten aber, dass sich das Timing nach dem Wunsch der Patientin richten solle. Unter den Ehemännern gab es keinen Konsensus.

Ob Allgemeinmediziner:innen, Gynäkolog:innen oder Geburtshelfende den Eingriff durchführten, war den meisten Betroffenen egal – solange er/sie über ausreichend Expertise verfügte. Einig waren sich alle drei befragte Gruppen darüber, dass eine Defibulation am besten im Krankenhaus erfolgen sollte. Ein wichtiger Grund war für die Patientinnen die im Vergleich zu einer örtlichen Ambulanz größere Anonymität, die Schutz vor einer möglichen Verurteilung durch die Migrationsgemeinschaft bietet. Um die Entscheidungsfindung zu erleichtern, wünschten sich die betroffenen Frauen detaillierte Information von einfühlsamen Fachkräften, die keinen Druck ausübten. Manche bevorzugten, ihren Ehemann nicht miteinzubeziehen. Viele vermissten bei der medizinischen Betreuung Sensibilität für kulturelle Normen und Bräuche. Auch psychische Aspekte, die mit der FGM verbundenen Traumata, Schmerzen und Infektionen blieben häufig unbeachtet.

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x