Gyn-Depesche 8/2002

Die Ausnahme von der Regel

"Alles sprach für eine extrauterine Schwangerschaft. Trotzdem fühlte ich mich unsicher. Ich war ein junger Assistenzarzt, allein im Bereitschaftsdienst. Die Frau hatte zuletzt vor acht Wochen abnorme Menses gehabt, sie war ohne Kontrazeption und klagte über leichte Schmerzen im Becken. Ihre Bauchdecken waren empfindlich. Ich konnte nichts Auffälliges im Bereich der Adnexe palpieren. Das Hämoglobin betrug 11 g/dl. Ich hatte gelernt, dass man die Diagnose mit einer Douglas-Punktion verifiziert. Damals gab es kaum brauchbare Alternativen dazu. Also führte ich ein Spekulum ein und aspirierte - dunkles Blut, wie erwartet; aber es gerann sofort in der Spritze, und das war gegen meine Erwartung. Bei einer ektopen Schwangerschaft sollte dieses Blut ungerinnbar sein. Schnell lief ich in die Bibliothek und fand dieses Lehrwissen bestätigt. Was tun? Sollte ich den OP herrichten und die diensthabenden Ärzte für eine Laparotomie kommen lassen? Sollte ich die Patientin nach Hause schicken? Ich entschied mich, sie stationär aufzunehmen und zu beobachten. Am Morgen waren ihre Schmerzen unverändert. Das Hb war aber stark abgesackt - nun wurde mein Irrtum offenbar. Wir brachten sie schnellstens in den OP. Bei der Laparotomie zeigte sich, dass sie mehrere Liter Blut im Bauch hatte; sie brauchte mehrere Transfusions-Einheiten. Später stieß ich auf Publikationen, in denen gerinnbares Blut bei extrauteriner Schwangerschaft beschrieben wurde. Dies seien Fälle von "inkonklusiver Evidenz einer ektopen Gravidität". Man darf sich nicht in jedem Einzelfall auf die Lehrbücher verlassen. Schon Mark Twain wusste: - Sei vorsichtig beim Lesen medizinischer Bücher. Du könntest an einem Druckfehler sterben.' Das gilt auch für Auslassungen." Dr. D. A. Grimes, Research Triangle Park, North Carolina

"Alles sprach für eine extrauterine Schwangerschaft. Trotzdem fühlte ich mich unsicher. Ich war ein junger Assistenzarzt, allein im Bereitschaftsdienst. Die Frau hatte zuletzt vor acht Wochen abnorme Menses gehabt, sie war ohne Kontrazeption und klagte über leichte Schmerzen im Becken. Ihre Bauchdecken waren empfindlich. Ich konnte nichts Auffälliges im Bereich der Adnexe palpieren. Das Hämoglobin betrug 11 g/dl. Ich hatte gelernt, dass man die Diagnose mit einer Douglas-Punktion verifiziert. Damals gab es kaum brauchbare Alternativen dazu. Also führte ich ein Spekulum ein und aspirierte - dunkles Blut, wie erwartet; aber es gerann sofort in der Spritze, und das war gegen meine Erwartung. Bei einer ektopen Schwangerschaft sollte dieses Blut ungerinnbar sein. Schnell lief ich in die Bibliothek und fand dieses Lehrwissen bestätigt. Was tun? Sollte ich den OP herrichten und die diensthabenden Ärzte für eine Laparotomie kommen lassen? Sollte ich die Patientin nach Hause schicken? Ich entschied mich, sie stationär aufzunehmen und zu beobachten. Am Morgen waren ihre Schmerzen unverändert. Das Hb war aber stark abgesackt - nun wurde mein Irrtum offenbar. Wir brachten sie schnellstens in den OP. Bei der Laparotomie zeigte sich, dass sie mehrere Liter Blut im Bauch hatte; sie brauchte mehrere Transfusions-Einheiten. Später stieß ich auf Publikationen, in denen gerinnbares Blut bei extrauteriner Schwangerschaft beschrieben wurde. Dies seien Fälle von "inkonklusiver Evidenz einer ektopen Gravidität". Man darf sich nicht in jedem Einzelfall auf die Lehrbücher verlassen. Schon Mark Twain wusste: - Sei vorsichtig beim Lesen medizinischer Bücher. Du könntest an einem Druckfehler sterben.' Das gilt auch für Auslassungen." Dr. D. A. Grimes, Research Triangle Park, North Carolina

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