Sorgfältige Abwägung in allen Fällen

Gyn-Depesche 6/2005

Dilemma Schwangerschaft und Brustkrebs

Der Trend, die Familienplanung aufzuschieben, trägt dazu bei, dass Schwangerschafts-assoziierte Mammakarzinome heute häufiger als früher auftreten. Über Prognose und Therapieoptionen gibt es jedoch nur wenige gesicherte Erkenntnisse. Mit Hilfe einer Datenbank-Recherche fasste eine britische Arbeitsgruppe den aktuellen Wissensstand zusammen.

Ausgewertet wurden 23 Untersuchungen aus den letzten 15 Jahren. Darunter waren Populationsstudien, die zeigten, dass die Prognose eines Karzinoms nach einer Schwangerschaft um so schlechter ist, je weniger Zeit zwischen Entbindung und Diagnose liegt. Werden Mammakarzinome während einer Schwangerschaft oder bis zu ein Jahr später diagnostiziert, sind sie also "Schwangerschafts-assoziiert", so handelt es sich dabei meist um relativ aggressive und weit fortgeschrittene Tumoren. Wurde dies berücksichtigt, ergab sich durch die Schwangerschaft jedoch in fast allen Studien keine schlechtere Prognose. Die Studien weisen einige Unzulänglichkeiten auf, sodass das Wissen insgesamt begrenzt ist. Karzinome, die früh oder z. B. erst in der Stillzeit auffallen, stehen unterschiedlich lang unter dem hormonellen Einfluss der Gravidität. Es sind keine Untersuchungen speziell zur Frühschwangerschaft vorhanden. Dafür, dass eine Abruptio für die Mutter günstig ist, gibt es keinen Hinweis, aber insgesamt auch nur sehr spärliche Daten. Soll die Schwangerschaft fortgesetzt werden, muss man die Vorteile einer Radio- und Chemotherapie gegen die Gefahr der Fruchtschädigung abwägen. Ob der Nutzen einer Radiotherapie so groß ist, dass andere Regeln als sonst in der Schangerschwaft gelten sollen, ist umstritten. Das teratogene Potenzial der Radiotherapie ist im ersten Trimenon am größten, der Fetus aber weiter vom Feld entfernt. Ist die Organbildung abgeschlossen, geht man von einer geringeren Gefahr aus. Ähnliches gilt für die Chemotherapie, die während der Zelldifferenzierung zu schweren Organschäden führen kann. Zwar sind den Autoren keine direkten negativen Folgen der Gabe von Cyclophosphamid, Epirubicin und Fluorouracil im zweiten und dritten Trimenon bekannt. Es gibt aber auch keine Langzeitstudien zur Entwicklung und dem Malignom-Risiko der Kinder. Ob sich ein Aufschieben der Chemotherapie bis ins zweite Trimenon negativ auf die Prognose auswirkt, kann nicht sicher beantwortet werden. In einer Studie fand sich kein Unterschied beim krankheitsfreien Intervall, ob nun FAC (Fluoruracil, Doxorubicin, Cyclophosphamid) innerhalb von zehn Wochen nach der Operation oder später gegeben wurde. Gegen eine Schwangerschaft nach der Krebstherapie spricht nach heutigem Kenntnisstand nichts. Ob es einen besten Zeitpunkt dafür gibt, bleibt jedoch unklar. Es wird empfohlen, eine Tamoxifen-Therapie wegen teratogener Effekte zwei Monate vor einer geplanten Schwangerschaft abzusetzen. Auch hier wie in allen anderen Punkten soll die Patientin gut aufgeklärt werden, bevor sie sich entscheiden muss. (CW)

Quelle: Barthelmes, L: Pregnancy and breast cancer, Zeitschrift: BRITISH MEDICAL JOURNAL, Ausgabe 330 (2005), Seiten: 1375-1378

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