Die ältesten und wahrscheinlich geläufigsten Theorien zur Entstehung der Endometriose sind die der retrograden Menstruation, der zufolge Gebärmutterschleimhautzellen während der Periode in den Bauchraum abwandern, und die Metaplasie-Theorie, wonach sich pluripotente Zölomepithelzellen in Endometriumzellen umwandeln. Immer mehr wissenschaftlichen Zuspruch erhielt in den letzten Jahren auch die Tissue-Injury-and-Repair-Theorie. Dahinter steht die Beobachtung, dass der Uterus zwischen Endometrium und Myometrium keine Verschiebeschicht besitzt, durch die Druckschwankungen ausgeglichen werden können. Im Gegensatz zum Darm mit seiner ausgeprägten Bindegewebsschicht, kann die uterine Peristaltik deshalb zu Mikrotraumata und Entzündungen führen. Die daraufhin aktivierten Wundheilungsprozesse fördern die Sekretion von Östrogenen, was die Kontraktilität der Gebärmutter weiter steigert und abermals Mikroverletzungen begünstigt – ein Teufelskreis beginnt. Untermauert wurde diese Theorie unter anderem durch histologische Untersuchungen der Hysterektomiepräparate von Patientinnen mit Adenomyose: Die Übergangszone von Endometrium und Myometrium war perforiert und Endometriumzellen wanderten in die Tiefe ein.
Entsprechend der Tissue-Injury-and-Repair-Theorie lässt sich die Erkrankung in drei Stadien einteilen: beginnend mit den sonographisch nicht sichtbaren Veränderungen an der Übergangszone von Endo- und Myometrium („Archimetriose“) hin zur Adenomyose bis zum Vollbild einer schweren Endometriose. Da man also mittlerweile davon ausgeht, dass es sich um eine chronisch-progrediente Erkrankung handelt, könnte es sinnvoll sein, schon im Jugendalter mit der Therapie zu beginnen, um Gewebsschädigungen am Uterus zu verhindern und damit das Voranschreiten der Endometriose. Evidenz für ein solches Vorgehen gibt es zwar nicht, klinische Studien dazu sind aber unter anderem von der Charité Berlin geplant.
Von der Diagnose zur Therapie
Zur Diagnostik empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie (DGGG) verschiedene nicht-invasive Maßnahmen, darunter die Spekuluminspektion, vaginale und rektale Palpation sowie eine Vaginalsonographie. Bei tief-infiltrierender Endometriose können unter anderem eine Nierensonographie, Kolorektoskopie, rektale Endosonographie oder Magnetresonanztomographie (MRT) Aufschluss geben.
Laut Prof. Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriose-Zentrums an der Charité Berlin, ist es eine weit verbreitete Fehlannahme, dass Endometrioseherde im Ultraschall nicht erkennbar sind. „Man sieht im Ultraschall mehr als viele denken.“ Mit ein wenig Übung sei auch anhand simpler Geräte eine Diagnose möglich, so die Medizinerin. Nur peritoneale Läsionen seien ausschließlich laparoskopisch erkennbar.
Mechsner rät jedoch davon ab, die Laparoskopie nur zu diagnostischen Zwecken durchzuführen – wenn, sollte diese immer in Kombination mit einer gezielten Sanierung durchgeführt werden. Um wiederholte Eingriffe zu vermeiden, sollte auf die frühzeitige Diagnose eine einmalige, aber dafür sorgfältig geplante Entfernung aller Endometrioseherde folgen, sofern die Hormontherapie nicht den gewünschten Erfolg bringt.
Langfristig hormonell behandeln
In Erstlinie empfehlen die weltweiten Leitlinien kombinierte orale Kontrazeptiva. Die kontinuierliche Einnahme sollte dabei gegenüber der zyklischen Einnahme bevorzugt werden. Zwar können durch kombinierte orale Kontrazeptiva Endometriose-bedingte Beschwerden gemildert werden, es gibt aber Hinweise darauf, dass der Estrogenanteil das Risiko für eine Krankheitsprogression steigert (insbesondere für tief infiltierende Endometriose). In Anlehnung an eine Publikation des Reproduktionsmediziners Dr. Robert Casper von 2017 im Fachjournal Fertility and Sterility, rät Mechsner deshalb zu einer Progesteronmonotherapie in Erstlinie.
In Deutschland ist Dienogest als einziges Gestagen speziell für die Therapie der Endometriose zugelassen. Eine histologische Sicherung der Endometriose ist für eine Verschreibung nicht notwendig. Auch sollte die Behandlung mit Dienogest nicht, wie oft angenommen, zeitlich begrenzt erfolgen. „Sobald die Therapie ausgesetzt wird, kann es zu einer Krankheitsprogression kommen“, warnte Mechsner. In Studien wurde sogar gezeigt, dass das Rezidiv-Risiko unter der Hormontherapie kontinuierlich sinkt. Alternativ zur Gestagenmonotherapie stehen GnRH-Analoga zur Verfügung, die zwar hinsichtlich der Schmerzreduktion vergleichbar effektiv sind, wegen der höheren Rate an Nebenwirkungen aber nur in Zweilinie empfohlen werden.
In jedem Fall gilt: Damit die hormonelle Therapie erfolgreich ist, muss die Patientin blutungsfrei sein. Bei Zwischenblutungen unter der Progesteronmonotherapie empfiehlt Mechsner, die tägliche Dosis zu verdoppeln, bis die Blutung endet. Bleibt die Blutung bestehen, sollte eine Pillenpause mit Abbruchblutung und erneutem Einnahmestart nach sieben Tagen erfolgen. Analog dazu könne bei kombinierten Präparaten vorgegangen werden, wegen dem Estrogenanteil sollten die Patientinnen aber nicht länger als vier Tage die doppelte Dosis einnehmen.