Schwangerschaftskomplikationen

Gyn-Depesche 4/2005

Früher Abfall des PlGF kündigt Präeklampsie an

Die Präeklampsie wird vermutlich durch ein Ungleichgewicht angiogener Faktoren verursacht. Man konnte bereits nachweisen, dass hohe Serumspiegel an löslicher fms-like Tyrosinkinase 1 (sFlt1), einem antiangiogenen Protein, und niedrige Werte des proangiogenen Plazenta-Wachstumsfaktors (PlGF) eine drohende Präeklampsie voraussagen. Ob sich das einfacher auch mit dem PlGF im Urin prognostizieren lässt, prüfte man in einer amerikanischen Studie.

Da sFlt bei gesunder Niere zu groß für die Ausscheidung ist, das PlGF-Protein aber leicht gefiltert wird, hat man in einer Fall-Kontroll-Studie die Hypothese getestet, dass eben dieses PlGF vor dem Einsetzen von Hypertonie und Proteinurie herabgesetzt ist und dass dieser Rückgang eine Präeklampsie ankündigt. Aus einem großen Kollektiv des Calcium for Preeclampsia Prevention Trial wurden 120 Paare von Frauen mit Präeklampsie und passenden Kontrollprobandinnen randomisiert ausgewählt. Analysiert wurden Blut- und Urinproben aus der 13. bis 21., 26. bis 29. und der 36. SSW. Bei den normotensiven Kontrollen stieg das mit ELISA gemessene PlGF im Urin während der ersten beiden Drittel der Schwangerschaft an und erreichte seinen Gipfel zwischen der 29. und 32. Woche; danach gingen die Werte zurück. Bei den Fall-Probandinnen war das Muster der PlGF-Ausscheidung im Urin vor Einsetzen der Präeklampsie ganz ähnlich, doch sanken die Spiegel ab der 25. bis 28. SSSW signifikant. Besonders groß waren die Unterschiede zu den Kontrollen bei Präeklampsie mit frühem Beginn oder plus Small-for-Date-Babys. Nach der klinischen Manifestation der Gestose lag das PlGF im Urin bei Frauen mit Präeklampsie im Schnitt bei 32 pg/ml, bei den Kontrollpersonen im gleichen Gestationsalter bei 234 pg/ml. Die bereinigte OR für das Risiko einer Präeklampsie vor der 37. SSW betrug für die unterste Quartile (unter 118 pg/ml) im Vergleich zu allen höheren Quartilen 22,5 (CI 7,4 - 67,8). Das PIGF im Urin dürfte dadurch erniedrigte Serumwerte widerspiegeln, dass sFlt PIGF abfängt. Die Werte waren in SSW 21 bis 31 bei Präeklampsie viel niedriger als bei Schwangerschaftshypertonie und Small-for-Date-Babys. Die Identifizierung angiogener Proteine, die die Gestose anscheinend vermitteln, könnte sie zum Ziel von Interventionen machen, um das angiogene Gleichgewicht wieder herzustellen. Vorbeugung und Therapie sind besonders für Frauen mit früher Präeklampsie oder solcher mit Small-for-Date-Babys wichtig. Sie müssten aber bereits vor Beginn der Gestose erkannt werden. Ein zuverlässiger Urintest für PlGF könnte zum Screening eingesetzt und danach Serum-Messungen veranlasst werden.

Quelle: Levine, RJ: Urinary placental growth factor and risk of preeclampsia, Zeitschrift: JAMA : THE JOURNAL OF THE AMERICAN MEDICAL ASSOCIATION, Ausgabe 293 (2005), Seiten: 77-85

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