64. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.

Gyn-Depesche 6/2022

Gemeinsam stark für die Frauengesundheit

Mit über 4.500 Teilnehmenden und über 150 wissenschaftlichen Sitzungen von rund 600 Referent:innen bildete der 64. DGGG-Kongress mit seinem umfangreichen wissenschaftlichen Programm nicht nur den neuesten Stand der Gynäkologie und Geburtshilfe ab. Er zeigte auch, dass sich nur durch Gemeinschaft und Teamarbeit auf zeitgenössische Herausforderungen angemessen reagieren lässt.
„Wir sind eine starke Gemeinschaft!“, betonten Kongresspräsidentin Prof. Marion Kiechle und die Co-Präsident:innen Prof. Stephanie Wallwiener und Prof. Wolfgang Würfel bereits bei der Eröffnungsveranstaltung des 64. DGGG-Kongresses, der von 12. bis 15. Oktober nach einer Pandemiepause wieder live in München stattfand. Die Freude, sich wiederzusehen, war allgemein spürbar. Nicht umsonst hatte man den diesjährigen DGGG-Kongress, der größte Kongress rund um das Thema Frauenheilkunde im deutschsprachigen Raum, unter das Motto „Gemeinsam stark für die Frau“ gestellt. Die rund 10.000 Mitglieder starke Gemeinschaft der DGGG sei unabdingbarer Motor für die Entwicklung des Fachs, für Fachkompetenz, Empathie und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Fortschritt, so Kongresspräsidentin Prof. Marion Kiechle. „Medizin ist Teamwork.“
 
Mit Teamwork und Kollegialität
Auch Co-Präsidentin Prof. Stephanie Wallwiener betonte den Stellenwert von Gemeinschaft: Unter anderem die Covid- 19-Pandemie habe die Gynäkologen in den letzten Jahren national und international vor neue Herausforderungen gestellt und dabei spürbare Veränderungen in der Gesellschaft ausgelöst. Nur mit Kollegialität und Teamgeist sei es möglich, sich den wechselnden Herausforderungen zu stellen und „klinisch und wissenschaftlich das Beste herauszuholen“. In diesem Sinne sei der DGGG-Kongress das Herzstück der Gesellschaft. Auf der DGGG-Pressekonferenz nannte Wallwiener als Beispiel für gelungene Kooperation die 2022 entstandene AWMF-Leitlinie „SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ oder die DGGG-Stellungnahmen und Empfehlungen zu COVID-19-Impfungen für Schwangere, die regelmäßig aktualisiert wurden.
 
Gesundheitskommunikation in Krisenzeiten
Die Krisenzeiten seien jedoch nicht mit Covid- 19 beendet: Durch den Ukraine-Krieg, Rezension und Inflation machten sich viele Familien Sorgen um ihre Gesundheit oder stünden vor existenziellen Problemen. In den kommenden Jahren werde von einer weiteren Zunahme psychischer Belastungen auszugehen sein, deren Ausmaß derzeit nicht absehbar sei. „Daher ist es so wichtig, Screening- und Interventionsangebote in die tägliche Praxis zu integrieren“, so Wallwiener, die auch Vorstandsmitglied in der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) ist. Psychisch-orientierte Gesundheitskommunikation und niedrigschwellige Hilfsangebote wie auch online basierte Selbstmanagement- Tools müssten ein zentraler Bestandteil im Gesundheitssystem werden. Dies sehe sie persönlich als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an.
 
Neue Herausforderungen für die Reproduktionsmedizin
Co-Präsident Prof. Wolfgang Würfel zeigte sich sehr erfreut, dass über das Novum einer gemeinschaftlichen Kongresspräsidentschaft sein „kleines Fach“ Endokrinologie/Reproduktionsmedizin „in die Muttergesellschaft zurückgeholt wurde“. Wie er in der DGGG-Pressekonferenz betonte, sei sein Fach in besonderem Maße von den gesellschaftlichen Veränderungsprozessen betroffen, die neue Möglichkeiten böten, aber zugleich auch die Grenzen der Reproduktionsmedizin zeigten. Dies seien aktuelle Themen wie die Fertiprotektion bei jungen Krebspatienten, Transgendermedizin, Präimplantationsdiagnostik, Social Freezing, die Zunahme adipöser Patientinnen oder die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankerte „altruistische Leihmutterschaft“.
 
Das Miteinander wahren
Schriftführerin Prof. Barbara Schmalfeldt, während des Kongresses zur neuen DGGG-Präsidentin gewählt, ging in Vertretung des an Corona erkrankten DGGGPräsidenten Prof. Anton J. Scharl auf die Neuerungen in der Fachgesellschaft ein und nannte hier unter anderem die AG Endometriose, die Kommission Digitale Medizin und das Aufgreifen der Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aufgrund der Komplexität des Fachs gelte es, in den getrennten Abteilungen der Gynäkologie und Geburtshilfe das Miteinander zu wahren und sich gut aufzustellen gegenüber anderen Fächern, die mehr Zeit zur Verfügung hätten. „Es gibt vieles zu tun, dem stellen wir uns als Fachgemeinschaft“, schloss Schmalfeldt.
Den über 4.500 Teilnehmer:innen des Kongresses wurden während der vier Tage in München ein Programm mit hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Sitzungen, Seminaren und Hands-on-Kursen von rund 600 Referent:innen geboten. Vorträge, Keynote Lectures, Spitzenreferate und Diskussionsforen widmeten sich allen Facetten des Fachs: der Pränatal- und Geburtsmedizin, der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, der Gynäkologischen Onkologie und Senologie sowie der operativen und konservativen Gynäkologie. Der 64. DGGG-Kongress gab daneben dem medizinischen Nachwuchs in der Gynäkologie und Geburtshilfe, den Weiterbildungsassistent: innen und Studierenden Gelegenheit zur wissenschaftlichen Präsentation und Diskussionen. Im Fokus standen außerdem die digitale Medizin, die Chancen moderner Arbeitskonzepte und die Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Karriere.
 
Barbara Schmalfeldt ist neue DGGG-Präsidentin
Mit großer Mehrheit wurde Prof. Barbara Schmalfeldt am Freitag, 14. Oktober, in München in den geschäftsführenden Vorstand der DGGG gewählt. Damit führt sie die DGGG in der Amtsperiode 2022 bis 2024 als Präsidentin an. Schmalfeldt war bereits Präsidentin des 63. DGGG-Kongresses, der 2020 pandemiebedingt erstmals in der Geschichte der Fachgesellschaft als Hybridformat realisiert wurde. Sie übernimmt den Staffelstab von Prof. Anton J. Scharl, der seit 2018 an der Spitze der DGGG steht. „Mein Anliegen ist es in erster Linie, mit der DGGG die herausragende Bedeutung des Fachs Gynäkologie und Geburtshilfe im Gesundheitswesen, in der Gesellschaft und gegenüber der Politik zu vertreten. Die Zusammenarbeit mit dem Berufsverband als starke Gemeinschaft spielt dabei für mich eine wichtige Rolle“, erklärte Schmalfeldt im Nachgang der Wahl. Die Tätigkeitsschwerpunkte der Direktorin der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf liegen in der speziellen operativen Therapie gynäkologischer Erkrankungen und in der gynäkologischen Onkologie.
 
Internationale Vernetzung voranbringen
Die inhaltliche Arbeit des neuen Vorstands ziele auf die flächendeckende Qualität der Versorgung in der Frauenheilkunde auf evidenzbasierter Grundlage ab, so Schmalfeldt. Dazu trügen alle Säulen des Fachs, also operative Gynäkologie, gynäkologische Onkologie, Pränatal- und Geburtsmedizin, Urogynäkologie, Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, integrative Medizin und Psychosomatik in der Gynäkologie und Geburtshilfe bei. „Diese Bereiche gilt es zu stärken und weiter auszubauen und dabei für den Zusammenhalt innerhalb der Frauenheilkunde zu sorgen“, betonte Schmalfeldt. Auch die europäische und globale Vernetzung der DGGG soll weiter vorangetrieben werden, indem europäische und internationale Ausbildungskonzepte abgeglichen und harmonisiert werden. Zudem sei die DGGG privilegiert, Fachgesellschaften in strukturell benachteiligten Ländern zu unterstützen und Gesundheitsangebote für Frauen, insbesondere in armen Ländern, zu fördern, so die neue DGGGPräsidentin.
 
Die Zukunft des Fachs sicherstellen
Und was wird die Zukunft bringen? Für die Zukunft des Fachs müsse in die Nachwuchsgewinnung investiert werden, zum einen durch Darstellung der Vielfalt und Attraktivität des Fachs nach außen, zum anderen durch die direkte Ansprache der Studierenden an den Hochschulen mit Einladungen zu Ausbildungsangeboten und Kongressen, forderte Schmalfeldt. Mit Blick auf die Nachwuchsförderung sollen bestehende Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterentwickelt und gleichzeitig attraktive und strukturierte Konzepte der Aus- und Weiterbildung erarbeitet werden. Das Junge Forum der DGGG leiste hier einen hervorragenden Beitrag in der Nachwuchsförderung und soll weiter inhaltlich und finanziell unterstützt werden. AZ
Quelle: Pressekonferenz auf dem 64. DGGG-Kongress 13. Oktober 2022, München

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