PCOS, Diabetes und kardiometabolische Erkrankungen

Praxis-Depesche 6/2021

Gibt es einen kausalen Zusammenhang?

Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist verbunden mit Diabetes und Herz- Kreislauf-Erkrankungen. Unsicher ist, ob es sich um eine kausale Beziehung handelt. Deshalb fokussierte man sich jetzt in einer Studie mit „Mendelscher Randomisierung“ auf die Assoziationen zwischen PCOS und Typ-2-Diabetes, koronarer Herzkrankheit (KHK) bzw. Schlaganfall.
Kommentar
Die „Mendelsche Randomisierung“ (MR) wird immer häufiger angewendet, um genetische und epidemiologische Daten auszuwerten. Die Randomisierung erfolgt bei der MR mittels Genetik. Es handelt sich also um eine „Instrumentelle-Variablen[ IV]-Analyse mit genetischen Instrumenten“. Der Name leitet sich von zwei mendelschen Regeln der Vererbung ab: der Segregationsregel und der Unabhängigkeitsregel. Erstere besagt, dass pro Gamet nur eine Kopie des Allels vorliegt, wobei die Aufteilung zufällig stattfindet. Die zweite Regel bedeutet, dass SNPs, die auf verschiedenen Chromosomen vorhanden sind, unabhängig voneinander vererbt werden.
Das Prinzip der Mendelschen Randomisierung:
1. Es wird zunächst eine Assoziation zwischen einem genetischen Marker und einem Merkmal hergestellt.
2. Ergibt sich auch zwischen dem genetischen Marker und der untersuchten Erkrankung eine Verbindung, kann von einem kausalen Zusammenhang zwischen Merkmal und Erkrankung ausgegangen werden.
PCOS wird mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht, beispielsweise Fettleibigkeit, Diabetes, Dyslipidämie, kardiovaskulären Erkrankungen, Schlafapnoe, Depression und nicht alkoholischer Fettleber. Bei einem kausalen Zusammenhang ließe sich diesen Erkrankungen bei PCOS-Patientinnen durch spezifische präventive Maßnahmen vorbeugen.
Für einen solch komplizierten Kausalitätsnachweis eignen sich Studien nach der „Mendelschen Randomisierung“ (MR; siehe Kasten). In einer Metaanalyse genomweiter Assoziationsstudien (GWAS) mit 10.074 PCOS-Patientinnen und 103.164 Kontrollpersonen europäischer Abstammung wurden 14 unabhängige Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) gefunden, die mit dem PCOS-Risiko auf genomweitem Signifikanzniveau assoziiert waren. Ein palindromisches SNP wurde für die Untersuchung nicht berücksichtigt. Stattdessen floss ein ursprünglich in einer GWAS mit chinesischen PCOS-Patientinnen ausgewähltes unabhängiges SNP in die Studie mit ein. Ebenfalls ausgewählt wurden 13 SNPs aus zwei asiatischen GWAS (4.082 PCOS-Patientinnen, 6.687 Kontrollen bzw. 10.480 PCOS-Patientinnen, 10.579 Kontrollen).
Für die europäische Kohorte ergab sich in den primären „Instrumentelle-Variablen- Analysen mit genetischen Instrumenten“ (IVW) keine signifikante Assoziation eines genetisch prädizierten PCOS mit Typ-2-Diabetes, KHK oder Schlaganfall. Die Analyse nach „Weighted Median“ und nach „Mendelian Randomization Egger Regression“ bestätigte diese primären Resultate. Auch für die asiatischen PCOS-Patientinnen wurde kein kausaler Zusammenhang zwischen PCOS und den kardiometabolischen Erkrankungen gefunden. Dies bedeutet, dass das PCOS selbst das Risiko für KHK, Schlaganfall oder Typ-2-Diabetes nicht erhöht. Wahrscheinlich erklären andere Symptome eines PCOS, wie Adipositas, erhöhte Testosteron-Spiegel und niedrige Werte für Sexualhormon-bindendes Globulin, die Verbindung zwischen PCOS und kardiometabolischen Erkrankungen. Deshalb sollte sich die Prävention kardiometabolischer Probleme bei PCOS-Patientinnen nur auf Frauen mit diesen Risikofaktoren konzentrieren. GS
Quelle: Zhu T et al.: Polycystic Ovary Syndrome and Risk of Type 2 Diabetes, Coronary Heart Disease, and Stroke. Diabetes 2021; 70: 627-37

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