Editorial

Gyn-Depesche 2/2018

Haben wir's nicht schon immer gewusst?

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
 
Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche ist zwischen 2016 und 2017 um 2,5% gestiegen, bei Frauen zwischen 40 und 45 Jahren gar um 7%, berichtete der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) e.V. am 7. März per Pressemitteilung. Zwei Zusammenhänge werden vom BVF (erwartungsgemäß) hergestellt: 1.) Entlassung der „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht und 2.) ein öffentlichkeitswirksamer Prozess um zwei Frauen, die während ihrer hormonellen Verhütung eine Lungenembolie entwickelten, wonach der Verkauf hormoneller Kontrazeptiva um 4% zurück ging. Weiter stellt der BVF in diesem Zusammenhang fest: „Wir fürchten, dass viele Frauen denken, sie könnten sich das erleichtern [die Einarbeitung in die Prinzipien der hormonfreien, natürlichen Verhütung; Anm. d. Red.], indem sie eine Zyklus-App zur Verhütung verwenden. [...] Es steht zu befürchten, dass die meisten Verhütungs-Apps Frauen geradewegs in unerwünschte Schwangerschaften führen.“ (siehe dazu auch unser Kongressbericht auf Seite 27)
Haben wir‘s nicht schon immer gewusst? Besserwisserei ist immer einfach, besonders retrospektiv. Aber schon in der Gyn-Depesche 4/2016 wiesen wir darauf hin, bei der Verknüpfung von Abtreibungszahlen mit der „Pille danach“ Vorsicht walten zu lassen, denn Kausalität ist hier keineswegs bewiesen – wird aber vom BVF suggeriert. Allenfalls „Hypothesen-generierend“ würde man das in der evidenzbasierten Medizin wohl nennen. Es bedarf nun dringend einer fundierten wissenschaftlichen Aufarbeitung – auch der Rolle der Apotheker, auf die wir bereits in der Gyn-Depesche 1/2015 pointiert hingewiesen hatten: „Zu viele [Aspekte im Umfeld der Pille danach] für die Beratungsecke in der Apotheke?“ Das BMG hatte seinerzeit eine solche Aufarbeitung versprochen – hoffentlich gilt das auch über den Ministerwechsel im BMG hinweg ...
 
Dr. med. Christian Bruer
Chefredakteur

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