Gyn-Depesche 3/2008

Hypothyreose und Schwangerschaft interagieren

Eine Hypothyreose in der Schwangerschaft kann sowohl für die Mutter als auch für den Feten ernsthafte Folgen haben. Deshalb sollte man bereits beim ersten Vorsorgetermin gezielt danach fahnden. Was bei latenter und manifester Unterfunktion zu tun ist, zeigt eine Übersicht aus Belgien.

In den industrialisierten Ländern wird die Prävalenz einer subklinischen Hypothyreose bei Frauen im gebärfähigen Alter auf 2 bis 3% geschätzt, die einer manifesten Unterfunktion auf 0,3 bis 0,5%. Messbare Autoantikörper gegen Thyreoglobulin oder Thyreoperoxidase können bei 5 bis 15% nachgewiesen werden. 80% der Schwangeren mit manifester Hypothyreose haben solche Antikörper. So ist die chronische Autoimmunthyreoiditis die Hauptursache einer Schilddrüsenunterfunktion in der Gravidität.

Die Schwangerschaft kann das Fortschreiten zur manifesten Hypothyreose triggern, da die werdende Mutter in dieser Zeit mehr Thyroxin benötigt, der Organismus dies aber nicht leisten kann. Umgekehrt beeinflusst die Hypothyreose auch die Schwangerschaft. Schon die Konzeption wird dadurch schwieriger. Frauen mit Schilddrüsenunterfunktion haben ein erhöhtes Risiko für frühe und späte Schwangerschaftskomplikationen wie Fehlgeburt, Anämie, EPH-Ges­tose, Plazentaruptur, Frühgeburt oder starke Blutungen nach der Entbindung. Die Normalisierung der Schilddrüsenfunktion mit Thyroxin kann die Häufigkeit solcher Komplikationen deutlich verringern.

Die negativen Auswirkungen eines mütterlichen Hormonmangels auf die Entwicklung des Feten hängen von Beginn und Schwere der Hypothyreose ab. Vor allem die neurologische Entwicklung kann erheblich gestört sein. Schwerer Jodmangel führt zu Kretinismus, da das fetale Gehirn irreversibel geschädigt wird.

Die American Endocrine Society empfiehlt Frauen mit bekannter und behandelter Hypothyreose, die schwanger werden wollen, eine Dosis­anpassung des Thyroxins, die auf einen TSH-Wert nicht über 2,5 mU/l abzielt. Dieser Richtwert gilt auch für Frauen, bei denen während der Schwangerschaft eine Hypothyreose festgestellt wird. Die Normalisierung sollte hier so schnell wie möglich erfolgen.

Schwangere mit thyreoidalen Autoantikörpern müssen streng überwacht werden, da sich bei ihnen eine Hypothyreose im Verlauf der Schwangerschaft entwickeln kann. Bereits bei subklinischer Unterfunktion ist die Therapie mit Thyroxin zu empfehlen, denn die Vorteile machen die Risiken bei weitem wett. (EH)

Quelle: Glinoer, D: Unresolved questions in managing hypothyroidism during pregnancy, Zeitschrift: BRITISH MEDICAL JOURNAL, Ausgabe 335 (2007), Seiten: 300-302
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