Endokrine Disruptoren und ADHS

Praxis-Depesche 3-4/2021

Jugendliche besonders gefährdet

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gilt als die häufigste verhaltensneurologische Störung im Kindesalter. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen Chemikalien, welche die natürlichen Hormonwirkungen stören, sogenannte endokrine Disruptoren, und diesem Krankheitsbild.
Endokrine Disruptoren wie Phthalate, Parabene oder Phenole kommen in zahlreichen Konsumprodukten wie Verpackungsmaterialien, Kosmetika aber auch in Pharmazeutika vor, berichten US-Forscher: innen. Um zu klären, inwiefern eine Exposition während der Adoleszenz ADHS-typische Verhaltensauffälligkeiten begünstigt, analysierten sie im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie Urinproben von 205 Jugendlichen im Alter von durchschnittlich 15 Jahren auf eine Vielzahl verschiedener endokriner Disruptoren bzw. deren Metabolite. Ferner beantworteten die Jugendlichen, ihre Eltern sowie ihre Lehrer verschiedene ADHS-Fragebögen.
Das Ergebnis: Mit zunehmender Exposition gegenüber antiandrogen wirksamen Phthalaten sowie Dichlorphenolen stieg das Risiko für signifikante ADHS-typische Verhaltensprobleme. Diese Zusammenhänge waren bei den männlichen Jugendlichen tendenziell stärker ausgeprägt als bei den Mädchen.
In der Adoleszenz vollzieht sich eine kritische Phase der Hirnentwicklung, schließen die Wissenschaftler:innen. Hormonstörungen wirken sich in dieser Zeit besonders gravierend aus. Endokrine Disruptoren, die in der Umwelt der Heranwachsenden ubiquitär vorkommen, stellen ihrer Einschätzung nach ein erhebliches Risiko für ADHS-typische Verhaltensauffälligkeiten dar. LO
Quelle: Shoaff JR et al.: Association of exposure to endocrine-disrupting c chemicals during adolescence with Attention-Defificit/Hyperactivity Disorder-related behaviors. JAMA Netw Open 2020; 3(8): e2015041
ICD-Codes: F90.0

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