ERS International Congress; European Respiratory Society 5.–8. September 2021

Praxis-Depesche 11/2021

Kongress-Highlights: pneumologische News vom ERS

Der internationale Kongress der European Respiratory Society (ERS) bietet jedes Jahr mehr als 25.000 Teilnehmern die Gelegenheit, die neuesten Forschungsergebnisse zu Themen wie Asthma, COPD, Lungenkrebs, Umweltverschmutzung und Rauchen zu hören und zu diskutieren. In diesem Jahr fand der ERS rein virtuell statt. Für diejenigen, die nicht teilnehmen konnten, geben wir hier einen kleinen Einblick.
Heuschnupfen bei Kindern in landwirtschaftlicher Umgebung
Dr. Sonali Pechlivanis präsentierte auf dem ERS eine Studie, in der die schützende Wirkung von landwirtschaftlichen Expositionen auf Heuschnupfen untersucht werden sollte – diesmal stand die Auswirkung des frühen Darmmikrobioms auf die Verringerung des Asthmarisikos bei Kindern im Fokus. PASTURE (Protection Against Allergy Study in Rural Environments ) ist eine europäische multizentrische Studie mit Geburtskohorte. Der Verzehr von Bauernhofmilch und Stallexposition wurden bei 731 Kindern von der Geburt bis zum Alter von 10,5 Jahren analysiert. Die Werte des Darmmikrobioms wurden im Alter von zwölf Monaten mittels 16S-rRNA-Sequenz gemessen. Heuschnupfen im Alter von 10,5 Jahren wurde als Vorhandensein von Symptomen oder als ärztliche Diagnose von Heuschnupfen definiert; für Sensitivitätsanalysen wurde eine zusätzliche Pollensensibilisierung verwendet. Die Bauernhofkinder hatten ein geringeres Risiko für Heuschnupfen im Vergleich zu Nicht-Bauernhofkindern, so das erwartbare Ergebnis. Die Stallexposition zeigte jedoch keinen Effekt. Allerdings verringerte ein kontinuierlicher hoher Verbrauch von Erzeugermilch im Vergleich zu einem kontinuierlichen niedrigen Verbrauch von Erzeugermilch das Risiko von Heuschnupfen. Darüber hinaus war der mikrobielle Reichtum und die Diversität des Darmmikrobioms im Alter von zwölf Monaten durch den Verzehr von Bauernhofmilch angereichert und mit einem geringeren Heuschnupfenrisiko verbunden.
 
Cave nikotinhaltige E-Zigaretten
Der Gebrauch von nikotinhaltigen E-Zigaretten führt zu einer sofortigen Zunahme der Bildung von Blutgerinnseln und zu einer Verschlechterung der Fähigkeit kleiner Blutgefäße, sich zu erweitern und zu dehnen sowie zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdruckes. Der Arbeitsgruppe um Dr. Gustaf Lyytinen, Stockholm, zufolge ähneln diese Auswirkungen denen, die durch das Rauchen herkömmlicher Zigaretten verursacht werden, und könnten bei langfristigem Konsum zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. In der Studie mit 22 Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 45 Jahren, die gelegentlich rauchten, aber ansonsten gesund waren, wurde jeder Proband über mindestens eine Woche vor und nach 30 Zügen aus einer nikotinhaltigen E-Zigarette oder vor und nach 30 Zügen aus einer nikotinfreien E-Zigarette getestet. Beim Vergleich der Testergebnisse stellten die Forscher fest, dass die Verwendung von nikotinhaltigen EZigaretten bei den Probanden eine Reihe von unmittelbaren kurzfristigen Veränderungen hervorrief: 15 Minuten nach Inhalation sah man einen durchschnittlichen Anstieg der Blutgerinnsel um 23 %, der sich nach 60 Minuten wieder normalisierte. Auch die Herzfrequenz der Probanden und der Blutdruck stiegen an. Die Forscher stellten fest, dass sich die Blutgefäße der Probanden nach dem Gebrauch von nikotinhaltigen E-Zigaretten vorübergehend verengten. Diese Auswirkungen wurden nicht beobachtet, nachdem die Freiwilligen E-Zigaretten ohne Nikotin benutzt hatten. Diese Studie untermauert die zunehmenden Hinweise auf die schädlichen Auswirkungen von E-Zigaretten, so das Fazit.
 
Risikofaktoren für COPD klassifizieren
Dr. Martina Vettoretti präsentierte ein Vorhersagemodell für den Ausbruch einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung mit Identifizierung und Einstufung von Risikofaktoren: Die Daten von 7.341 Probanden im Alter von 62,9 ± 9,1 Jahren (46,2 % Männer), die bei Studienbeginn frei von COPD waren, wurden dem Datensatz der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA) entnommen. In einem Follow- up von bis zu zwölf Jahren wurde bei 305 Personen eine COPD neu diagnostiziert. Bei 5.841 Probanden wurde ein Cox-Modell zur Vorhersage des Auftretens von COPD implementiert, wobei 38 bei Studienbeginn erhobene Variablen als Prädiktoren berücksichtigt wurden (demografische Daten, Krankengeschichte, Lebensstil, Spirometrieparameter, Biomarker im Blut, sozioökonomische und psychologische Faktoren). Die am besten prädiktiven Variablen wurden für das endgültige Modell ausgewählt, das an einer Testgruppe (n = 1500) validiert worden war.
Die Gruppe der am besten bewerteten Risikofaktoren umfasst zwölf Variablen, die sich auf Lebensstilfaktoren, Spirometrieparameter, Biomarker im Blut und Komorbiditäten beziehen, und zwar in der Reihenfolge ihrer Bedeutung: FEV1 (forced expiratory volume in 1 second), Giemen, Geschlecht, Raucherstatus, FEV1/ FVC (FVC: forcierte Vitalkapazität), LDLCholesterin, Plasmahämoglobin, Diabetes, CESD-Depressions-Score, Bildungsniveau, Anzahl täglich gerauchter Zigaretten, körperliche Aktivität. Das auf diesen Variablen basierende Vorhersagemodell für das Auftreten von COPD schnitt in der Testgruppe mit einem Konkordanzindex von 0,83 (0,02) gut ab, so das abschließende Ergebnis.
 
Schwangerschaft: Körperliche Aktivität gut für Nachwuchs
Forscher haben weitere Beweise dafür gefunden, dass körperliche Betätigung während der Schwangerschaft nicht nur für Mütter, sondern auch für deren Nachwuchs gut ist. Dr. Hrefna Katrin Gudmundsdottir konnte in einer Studie mit 814 Babys zum ersten Mal einen Zusammenhang zwischen einer geringeren Lungenfunktion bei Babys körperlich inaktiver Mütter im Vergleich zu Babys aktiver Mütter zeigen: Die Forscher werteten die Daten von 814 gesunden Babys aus, die von Frauen in Oslo und Stockholm geboren worden waren. Die Teilnehmerinnen sollten in der 18. und 34. Schwangerschaftswoche Fragebögen über ihre Gesundheit, ihren Lebensstil, sozioökonomische Faktoren und ihre Ernährung auszufüllen. Die Frauen gaben an, wie oft, wie lange und mit welcher Intensität sie sich in der 18. Woche sportlich betätigten, und wurden dann als inaktiv, ziemlich aktiv oder sehr aktiv eingestuft. Die Forscher berücksichtigten bei ihren Analysen das Alter der Mutter, ihren Bildungsstand, ihren Body-Mass-Index vor der Schwangerschaft, ihren Nikotinkonsum während der Schwangerschaft und ob sie schon einmal entbunden hatte sowie Asthma und andere allergische Erkrankungen bei beiden Elternteilen.
Die wichtigste Messung für diese Studie war das Verhältnis zwischen der Zeit bis zum Spitzen-Tidal-Exspirationsfluss (PTIF) und der Exspirationszeit (tPTEF/tE). Ein niedriger tPTEF/tE-Wert bedeutet eine Einschränkung des Ausatmungsflusses. Die Forscher fanden keinen signifikanten kontinuierlichen Anstieg der tPTEF/tEWerte bei Säuglingen von inaktiven Müttern bis hin zu Säuglingen von sehr aktiven Müttern. „Allerdings stellten wir fest, dass Babys von inaktiven Müttern im Vergleich zu aktiven Müttern häufiger einen tPTEF/tE-Wert von weniger als 0,25 aufwiesen, was statistisch signifikant war und auf eine geringe Lungenfunktion hinweist“. Schlafapnoe und Typ- 2- Diabetes Eine amerikanisch-kanadische Forschungsgruppe beschäftigt sich damit, wie sich die Therapie mit einem positivem Atemwegsdruck (PAP) bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und neu diagnostizierter obstruktiver Schlafapnoe (OSA) auf das Nutzungsverhalten im Zusammenhang mit diabetischen Komplikationen auswirkt.
In der Studie wurden 151.552 Patienten mit Typ-2-Diabetes und neu diagnostizierter OSA identifiziert, die nicht mit einer PAP-Therapie behandelt wurden, und 72.844 Patienten, die PAP nutzten. Die größte prozentuale Abnahme der Prävalenz war bei den mit PAP behandelten im Vergleich zu den nicht mit PAP behandelten Patienten bei den kardiovaskulären Eingriffen zu verzeichnen, gefolgt von den Kategorien Neurologie und Nieren. „Wir beobachteten, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes, die wegen Schlafapnoe mit PAP behandelt wurden, über zwölf Monate weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch nahmen als Patienten, denen kein PAP verschrieben wurde“, so das Fazit des Studienleiters. VW
ICD-Codes: J44.9 , G47.3

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