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Gyn-Depesche 5/2021

Mehr kardiale Ereignisse unter Gestagenpillen

US-Mediziner haben die Sicherheit oraler Kontrazeptiva bei Frauen mit angeborenem Long-QT-Syndrom untersucht. Die Ergebnisse legen nahe, dass reine Gestagenpräparate bei diesen Patientinnen zukünftig nur noch mit größter Vorsicht eingesetzt werden sollten.
Das Long-QT-Syndrom ist eine seltene Störung der Erregungsleitung des Herzens mit einem pathologisch verlängerten QT-Intervall im EKG. Die Erkrankung geht mit einer hohen Prädisposition für kardiale Ereignisse einher.
Unerforscht war bislang, ob die Einnahme oraler Kontrazeptiva die Prognose von Frauen mit Long-QT-Syndrom beeinflusst. Ein Team um den Kardiologen Prof. Ilan Goldenberg vom University of Rochester Medical Center ist dieser Frage nun im Rahmen einer Registerstudie nachgegangen. Die Autoren werteten die Daten von 1.659 Frauen im Alter von 15 bis 40 Jahren mit kongenitalem Long- QT-Syndrom aus, von denen 370 ein orales Kontrazeptivum einnahmen – entweder ein Gestagen-Monopräparat, eine reine Östrogenpille oder ein kombiniertes orales Kontrazeptivum. In der Analyse berücksichtigt wurden darüber hinaus Informationen zu potenziellen Schwangerschaften, dem Zeitpunkt der Menarche sowie dem Eintritt der Menopause.
 
Wenn Gestagenpille, dann mit Betablocker
Im Beobachtungszeitraum von 2010 bis März 2021 wurden insgesamt 2.027 kardiale Ereignisse dokumentiert. Besonders häufig betroffen waren Frauen, die reine Gestagenpräparate einnahmen. In dieser Subgruppe war das Risiko für ein kardiales Ereignis fast dreifach erhöht – vorausgesetzt, die Patientinnen wurden nicht, wie standardmäßig beim Long-QTSyndrom üblich, mit Betablockern behandelt. Das höchste Risiko hatten Gestagenpillen-Anwenderinnen mit Long-QT-Syndrom Typ 2. Bei denen, die begleitend zum Gestagen-Monopräparat Betablocker erhielten, wurde kein Unterschied zu anderen Formen der oralen Kontrazeption beobachtet. Die Einnahme eines reinen Östrogenpräparates oder eines kombinierten oralen Kontrazeptivums war mit einem ähnlichen kardialen Risiko verbunden, wie das der Frauen mit Long-QT-Syndrom, die nicht mittels oraler Kontrazeptiva verhüteten. Wie Goldenberg bei der Erstvorstellung der Studie auf dem diesjährigen Kongress der Heart Rhythm Society erklärte, müssten diese Forschungsergebnisse schnellstmöglich in die klinische Praxis implementiert werden. So sollten Frauen mit Long-QT-Syndrom, die reine Gestagenpräparate zur Verhütung nutzen, über Alternativen nachdenken – oder, falls ein Wechsel des Kontrazeptivums nicht möglich ist, in jedem Fall eine Therapie mit Betablockern in Betracht ziehen. RG
Quelle: Goldenberg I et al.: Use of oral contraceptives in women with congenital long QT syndrome. Heart Rhythm 2021; S1547-5271(21)01987-1
ICD-Codes: Z30.

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