Verhütungsstäbchen in der Hand

Gestagenimplantat-Komplikationen

Gyn-Depesche 3/2022

Migration bis in die Lungenarterien möglich

Viele Frauen, die sich eine Langzeitkontrazeption wünschen, entscheiden sich für ein Etonogestrel-haltiges Implantat. Eine gefürchtete Komplikation des Verhütungsstäbchens stellt allerdings die Wanderung ins Gefäßsystem dar. Ein schwedisches Autorenteam stellt einen entsprechenden Fall vor.
Fazit
Untergewicht und die damit einhergehende geringe Dicke des Subkutangewebes am Oberarm stellen vermutlich Risikofaktoren für eine Gefäßmigration des Verhütungsimplantats dar, meint das Autorenteam. Bei betroffenen Frauen sei daher ein entsprechend umsichtiges Vorgehen zu empfehlen.
Das Gestagenimplantat wird an der Innenseite des Oberarms der nicht dominanten oberen Extremität unter die Haut implantiert, erläutern die Forschenden. In seltenen Fällen kann es dabei zu einer intravaskulären Migration kommen – sogar Lungenembolien sind beschrieben. Sie schildern den Fall einer 24-jährigen essgestörten und daher untergewichtigen Frau, bei der das Etonogestrel-Implantat – für die Patientin war es bereits das dritte Verhütungsstäbchen in Folge – nach der dreijährigen Liegedauer nicht an der Einlagestelle am linken Oberarm ertastet werden konnte. Auch eine Röntgen-, eine Ultraschall- sowie eine MRT-Untersuchung der Extremität ergaben keine Hinweise auf die Position des Stäbchens. Eine Blutuntersuchung zeigte jedoch einen hohen Etonogestrel-Serumspiegel, sodass davon ausgegangen werden musste, dass sich das Implantat noch im Körper der Patientin befand. Mittels Röntgen- und CTDiagnostik des Thorax konnte es schließlich in einer dorsalen subsegmentalen Pulmonalarterie im linken Unterlappen der Lunge lokalisiert werden.
 
Wie konnte es zu der Wanderung im Gefäßsystem kommen?
Die Forschenden gehen davon aus, dass das Verhütungsstäbchen dort in den Oberarm eingesetzt wurde, an der das zuvor eingelegte Stäbchen extrahiert worden war. Vermutlich war die Insertion versehentlich in die Vena basilica erfolgt, von wo aus das Implantat über die Armvenen und das rechte Herz bis in die Lungenarterien wandern konnte. Die Patientin erinnerte sich allerdings weder an Luftnot oder Thoraxbeschwerden in Zusammenhang mit der Einlage noch an ein Hämatom an der Insertionsstelle am Arm. Der Versuch einer endovaskulären Entfernung des Stäbchens verlief erfolglos, da es zwar erreicht und dargestellt werden konnte, sich aber als fest mit dem umgebenden Gewebe verwachsen zeigte. Da die Patientin keine Schwangerschaft anstrebte, entschied sie sich gegen einen invasiven Eingriff zur Entfernung des Implantats. Der Etonogestrel-Spiegel sank im weiteren Beobachtungsverlauf, regelmäßige Blutungen haben sich – möglicherweise jedoch bedingt durch eine Essstörung – bislang nicht eingestellt, berichten die Forschenden. LO
Quelle: Mallak FK, Kopp Kallner H: Migration of a subdermal contraceptive implant into a subsegmental pulmonary artery and etonogestrel serum concentration over time - a case report. Eur J Contracept Reprod Health Care 2022: 1-4; doi: 10.1080/13625187.2022.2036977
ICD-Codes: Z30.
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