ASCO Virtual Meeting 2020, Chicago

Gyn-Depesche 4/2020

Neue Studiendaten – online präsentiert

Auch die jährliche Tagung der American Society of Clinical Oncology musste dieses Jahr virtuell stattfinden. Wichtige Themen waren die Auswirkung von COVID-19 auf Tumorpatienten, sowie Erkenntnisse zur LRT.
Die Auswirkungen von COVID-19 bei Tumorpatienten waren auch Thema der ASCO-Tagung. So stellte Prof. Jeremy Warner, Nashville, erste Daten des Mitte März initiierten Registers The Covid-19 & Cancer Consortium (CCC19) nach einem bislang noch kurzen Follow-up von median 21 Tagen vor. Ziel von CCC19 ist die Beschreibung der klinischen Charakteristika und des Verlaufs dieser Infektion bei Tumorpatienten, primärer Outcome-Parameter ist die Mortalität nach 30 Tagen. Derzeit beteiligen sich 106 US-Zentren an CCC19, die bislang 1.035 Patienten rekrutierten. Ausgewertet wurden die Daten von 928 Patienten aus Lehrkrankenhäusern und Praxen, die bis Anfang Mai nachbeobachtet worden waren.
 
COVID-19 trifft Krebspatienten schwer
Die Teilnehmer waren median 66 Jahre alt, 30 % bereits 75 Jahre und älter. Männer und Frauen waren gleich häufig vertreten. Bei 82 % der Patienten lagen solide Tumoren vor, wobei Mamma-, Prostata- und gastrointestinale Karzinome mit 21 % bzw. 16 % bzw. 12 % am häufigsten vertreten waren. 22 % der Patienten waren an hämatologischen Neoplasien erkrankt; in dieser Gruppe hatten Lymphome mit 11 % den größten Anteil. Knapp jeder zweite Patient (48 %) war in Remission, 34 % hatten eine stabile oder auf die Therapie ansprechende, 12 % eine progrediente Erkrankung. Bislang sind 13 % der Patienten von CCC19 verstorben; damit ist die Mortalität doppelt so hoch wie bei den weltweit Infizierten insgesamt. Jeder zweite Patient musste ins Krankenhaus eingewiesen werden. 44 % benötigten Sauerstoff; weitere 12 % wurden mechanisch beatmet, 14 % intensivmedizinisch versorgt. Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität waren männliches Geschlecht, Alter > 75 Jahre, progredienter Tumor und ein ECOG-Performance-Status von 2 und höher. Auch bei Rauchern und insbesondere bei Patienten, die Hydroxychloroquin und Azithromycin erhalten hatten, war die Sterblichkeit erhöht. Damit können bei Krebspatienten, die an COVID-19 erkrankt sind, höhere Mortalitäts- und Komplikationsraten als in der Allgemeinbevölkerung festgestellt werden, resümierte Warner, betonte aber, dass eine längere Nachbeobachtung und größere Patientenzahlen nötig sind, um die Auswirkungen von COVID-19 in speziellen Patientengruppen besser zu verstehen.
 
De novo metastasiertes Mammakarzinom
Rund sechs Prozent aller Brustkrebspatientinnen haben bei Erstdiagnose bereits eine metastasierte Erkrankung. Retrospektiven Analysen zufolge verbessert eine lokoregionale Therapie (LRT) in diesem Kollektiv das Überleben. Prof. Seema Khan, Chicago, wies jedoch darauf hin, dass diese Daten wenig zuverlässig sind, da die operierten Frauen jünger waren, kleinere und häufiger Hormonrezeptor- (HR) positive Tumoren und eine geringe Tumorlast hatten. In der Phase-III-Studie E2108 wurde der Stellenwert der LRT erstmals prospektiv randomisiert e valuiert. D ie S tudie u mfasste 258 Frauen, die zunächst eine optimale, an Tumor und Patientin angepasste Systemtherapie erhielten. Teilnehmerinnen, die nach vier bis acht Monaten nicht progredient waren, wurden dann randomisiert einem Arm mit Fortsetzung der Systemtherapie oder einem Arm mit früher LRT, also kompletter Tumorresektion und postoperativer Bestrahlung, zugeteilt.
Nach einem medianen Follow-up von 53 Monaten ließ sich beim OS als primärem Endpunkt kein Unterschied feststellen: Es erstreckte sich in beiden Armen über median 54 Monate (HR 1,09; p=0,63). Den Subgruppenanalysen zufolge galt das gleichermaßen für Frauen mit HER2- positiven und mit HER2-negativen, HRpositiven Tumoren. Frauen mit triple-negativem Brustkrebs (TNBC) hatten bei früher LRT hingegen ein kürzeres OS. Allerdings ist diese Gruppe mit nur 20 Patientinnen sehr klein.
Positiv wirkte sich die LRT auf die Rate lokoregionärer Rezidive aus: Sie wurde von 25,6 % bei systemischer Therapie auf 10,2 % g esenkt ( HR 0 ,37). D ennoch h atten die Frauen im LRT-Arm eine signifikant niedrigere gesundheitsbezogene Lebensqualität als die im Vergleichsarm. Diesen Ergebnissen zufolge sollte die frühe LRT Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom nicht aufgrund eines vermuteten OS-Vorteils angeboten werden, resümierte Khan. Diese Maßnahme könne höchstens erwogen werden, wenn die systemische Erkrankung durch die Systemtherapie gut kontrolliert wird, der Primärtumor aber progredient ist. KA

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