Geburtsfisteln

Gyn-Depesche 4/2016

Nicht immer ist Geburtsstillstand schuld

Etwa zwei Millionen Frauen weltweit leiden unter Geburtsfisteln. Betroffen sind vor allem Afrikanerinnen. Stärker als bisher angenommen scheinen geburtshilfliche Verletzungen dazu beizutragen.

In einem Operationszentrum für Geburtsfisteln in der südostafrikanischen Republik Malawi wurden innerhalb von drei Jahren 452 Frauen mit vesikovaginalen Fisteln behandelt. Bei 43,4% war die Fistel nach der ersten Geburt entstanden. In gut einem Viertel der Fälle lag die Fistel im oberen Urogenitaltrakt, betraf also den Apex der Vagina, die Zervix, den Uterus oder die Ureteren. Der Rest der Frauen litt an tiefer lokalisierten Fisteln: an der Urethra, dem Blasenhals oder der mittleren Vagina.
Frauen mit mehreren Geburten hatten im Vergleich zu Primiparae bei der Indexgeburt kürzere Entbindungszeiten sowie häufiger eine Lebendgeburt und eine hohe Lokalisation der Fistel. Das adjustierte Risiko für eine Fistel im oberen Urogenitaltrakt stieg bei Multiparität oder einer peripartalen Operation (Sectio und/oder Hysterektomie) auf jeweils rund das Vierfache (aOR 4,55 bzw. 3,88).
Die Ergebnisse widersprechen dem verbreiteten Bild von der typischen Fistelpatientin, die als jung, erstgebärend und schmal gebaut beschrieben wird. Vielmehr waren in Malawi vor allem Multiparae betroffen, bei denen nicht ein Geburtsstillstand, sondern mutmaßliche Verletzungen bei einem chirurgischen Eingriff die Fistelbildung begünstigte. Verantwortlich machen die Studienautoren dafür in erster Linie die mangelnde Ausbildung der medizinischen Hilfskräfte, die in ländlichen Gebieten Afrikas geburtshilfliche Operationen durchführen. CW
Quelle:

Sih AM et al.: Association between parity and fistula location in women with obstetric fistula ... BJOG 2016; 123: 831-6

ICD-Codes: N82.8

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x