„Celebrities“ mit ADHS

Neuro-Depesche 7-8/2020

Nicht nur Schwächen, sondern auch Stärken:

Eine ADHS im Erwachsenenalter geht oft mit Suchterkrankungen und anderen psychischen Störungen sowie mit beruflichen und privaten Problemen einher – insbesondere wenn die Betroffenen unzureichend behandelt werden. In einem etwas ungewöhnlichen Projekt wurden jetzt die klinischen, soziodemographischen und beruflichen Merkmale berühmter Menschen, die sicher oder vermutlich an einer ADHS leiden, analysiert, um die Komorbiditäten, die familiäre und berufliche Situation zu erhellen. Es fanden sich bei den Erkrankten zahlreiche positive Aspekte.
Kommentar
Erwachsene mit einer ADHS werden aufgrund komorbider psychischer Erkrankungen und Problemen in anderen Lebensbereichen nicht selten stigmatisiert. In dieser Studie wurde die hohe Komorbidität bei „berühmten Personen“ mit einer ADHS-Symptomatik bestätigt – interessanterweise mit einem hohen Anteil an narzisstischen Störungen. Andererseits fand sich u. a. ein unerwartet hohes berufliches Qualifikationsniveau. Der individuelle Lebensweg bei einer ADHS kann offenbar von den Durchschnittswerten (in Studien) sehr stark abweichen.
Von 131 Kandidaten wurden in Südkorea 80 Personen (88,8 % Männer) eingeschlossen. Nach DSM-5-Kriterien wiesen 30 klassische ADHS-Symptome auf, 33 wahrscheinliche und 17 mögliche ADHSSymptome.
 
Kaum ein Patient ohne psychische Komorbidität
Die „Celebrities" wiesen 133 komorbide psychiatrische Störungen auf, durchschnittlich 1,66 pro Person. Nur 4 der 80 Personen waren ohne Komorbidität.
Eine Persönlichkeitsstörung war mit 34 Fällen (25,5 %) am häufigsten, zumeist eine narzisstische (18,8 %), seltener eine zwanghafte (3,8 %), histrionische (1,5 %) und eine antisoziale (1,5 %) Persönlichkeitsstörung, wider Erwarten aber keine Borderline- Störung. Die Prävalenz von Substanzmissbrauch/-abhängigkeit betrug 15,8 %, die einer bipolaren Störung 9,7 % einer spezifischen Lernstörung 9,7 %, einer depressiven und Zwangsstörung je 9,0 % sowie einer disruptiven und Autismus- Spektrum-Störung je 5,2 %. „Andere“ Komorbiditäten bestanden u. a. in Tic- Störung, posttraumatischer Belastungsstörung und spezifischer Phobie.
 

Familie und Beruf

Nur 14 der Celebrities (17,5 %) waren unverheiratet. Knapp die Hälfte (n = 38; 47,5 %) war einmal verheiratet, zehn (12,5 %) zweimal, 15 (18,7 %) dreimal und drei (3,8 %) viermal verheiratet gewesen.
Nach dem International Standard Classification of Occupations (ISCO-08) arbeiteten 45 % der 80 Personen in den Bereichen Kultur, Recht, Sozialwesen etc. (s. Abb.). Als Geschäftsführer, leitende Angestellte etc. waren 20 (25,0 %) beschäftigt, als Fachkräfte in verschiedenen Sparten von Wissenschaft und Technik neun (11,2 %). Es gab ferner Sportler, Angehörige der Gesundheitsberufe, Dozenten oder Professoren – und einer war in einen Rang in der Armee. Das „Skill-Level" (ISCO-0) betrug meist hohe 3-4. HL
Quelle: Lee JW et al.: The positive aspects of attention-deficit/ hyperactivity disorder among famous people. Psychiatry Investig 2020; 17(5): 424-31
ICD-Codes: F90.0

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