Postkoitale Dysphorie

Gyn-Depesche 1/2016

Nicht selten, aber selten beachtet

Die meisten Untersuchungen zur weiblichen Sexualfunktion beziehen sich auf Aspekte, die vor oder während des Geschlechtsverkehrs zum Tragen kommen. Die postkoitale Dysphorie ist hingegen kaum erforscht. Dabei betrifft das Problem gar nicht mal wenige Frauen.

Frauen mit postkoitaler Dysphorie (PCD) werden direkt nach dem Geschlechtsverkehr von einer starken Melancholie oder Depression erfasst. Oft brechen sie grundlos in Tränen aus, haben Angst oder Aggressionen. Um die Prävalenz und mögliche relevante psychologische Faktoren der PCD zu bestimmen, befragten Forscher in Australien 195 sexuell aktive Studentinnen, ob und wie häufig sie nach dem Sex Symptome einer PCD erlebt hatten. Die Sexualfunktion wertete man mit dem Female Sexual Functioning Index (FSFI) aus. Weitere Fragebögen erfassten Bindungsängste und -vermeidung sowie die die Fähigkeit zur Selbstdifferenzierung in der Partnerschaft. Fast die Hälfte der im Mittel knapp 26 Jahre alten Studentinnen hatte im Leben schon einmal PCD-Symptome erfahren, etwa 5,1% in den vergangenen vier Wochen. Häufig oder fast immer betroffen waren 2%. Störungen der Sexualfunktion erhöhten die Häufigkeit der PCD-Symptome nur geringfügig (r=0,16; p=0,02). Bindungsängste bzw. -vermeidung sowie Selbstdifferenzierung erwiesen sich dagegen nicht als signifikante Risikofaktoren. Der wichtigste Prädiktor war das Erfahren von sexuellem Missbrauch in der Kindheit (5% Varianzanteil). Die Autoren weisen darauf hin, die Daten mit Vorsicht zu genießen. Um Prävalenz und Mechanismen der postkoitalen Dysphorie sicher bestimmen zu können, müsste erst ein validiertes Maß geschaffen werden. OH

Quelle:

Schweitzer RD et al.: Postcoital dysphoria: prevalence and psychological correlates. J Sex Med 2015; 3: 235-43

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