Orgasmen sind üblicherweise das Ergebnis einer „bottom-up“-genitalsensorischen Stimulation, durch die kortikale, limbische und hypothalamische Strukturen sowie Bereiche des Hirnstamms aktiviert werden. Dass auch bewusst induzierte oder unbewusste zentralnervöse Mechanismen „topdown“ zum Höhepunkt führen können, lassen vereinzelte Berichte von spontanen Orgasmen im Schlaf, nach körperlichem Training oder durch erotische Fantasien vermuten.
Ein vergleichbarer Fall wurde nun im Fachblatt Sexual Medicine publiziert. Die junge Frau hatte wegen Schmerzen bei der vaginalen Stimulation aufgrund eines Vaginismus mit Tantra-Yoga begonnen. Durch das Training entwickelte sie die Fähigkeit, aktiv einen Orgasmus herbeizuführen und zeitlich zu kontrollieren. Dieser „top down“-Orgasmus war auch auf körperlicher Ebene mit den über klitorale oder anale Stimulation induzierten Orgasmen vergleichbar: Regelmäßige Blutabnahmen bei der 33-Jährigen zeigten nach einem zehn Minuten andauernden, nicht genital herbeigeführten Orgasmus (NGSO) um 48 % höhere Prolaktinwerte im Vergleich zum Ausgangswert. Das entspricht etwa dem Prolaktinanstieg nach ein bis zwei Orgasmen durch partnerschaftliche Stimulation. Auch die per Orgasm-Rating- Skala erhobene subjektive Bewertung der NGSO zeigte keine wesentlichen Unterschiede.
Wer die Fähigkeit zur „gedanklichen Stimulation“ erlangen möchte, braucht aber offenbar viel Zeit und Ausdauer – im beschriebenen Fall waren etwa zehn Jahre Training notwendig. RG