Organtransplantation

Gyn-Depesche 3/2018

Postoperative Verhütung: Doppelt hält besser

Die meisten Immunsuppressiva sind teratogen. Nach einer Organtransplantation sollten Frauen daher mindestens ein Jahr warten, bevor sie schwanger werden.
Eine Nieren- oder Lebererkrankung im Endstadium reduziert die Fertilität erheblich. Nach einer erfolgreichen Organtransplantation normalisieren sich die Hormonspiegel jedoch meist schnell, und die Ovulation setzt wieder ein. Allerdings wirken die meisten Immunsuppressiva, die die Patientinnen nach dem Eingriff erhalten, teratogen. Insbesondere für Mycophenolat- Mofetil ist ein erhöhtes Fehlbildungs- und Abortrisiko belegt. Während einer Azathioprin-Behandlung sollte eine Schwangerschaft generell vermieden werden; Prednison und Cyclosporin gelten vor allem im ersten Trimenon als riskant. Für andere häufig verwendete Substanzen gibt es zwar aus Tierversuchen teilweise Hinweise auf potenzielle teratogene Effekte, der Einsatz in graviditate ist jedoch nicht generell kontraindiziert.
 
Mindestens zwölf Monate warten
 
Jede Schwangerschaft bei einer transplantierten Patientin sollte sorgfältig geplant und überwacht werden. Um das Risiko von fetalen und maternalen Komplikationen zu verringern, wird betroffenen Frauen im gebärfähigen Alter empfohlen, mindestens ein Jahr nach der Organtransplantation nicht schwanger zu werden. Zudem sollte es vor einer geplanten Konzeption in den letzten zwölf Monaten zu keiner Abstoßungsreaktion gekommen sein, das Transplantat eine adäquate Funktion aufweisen, keine akute Infektion vorliegen und die Immunsuppression mit möglichst geringer Dosierung stabil sein. Besteht ein Kinderwunsch, ist die Medikation rechtzeitig anzupassen. Zur Verhütung im ersten Jahr nach der Transplantation gelten die Hormon- oder die Kupferspirale als ideale Option. Ihre Sicherheit bei transplantierten Patientinnen ist gut belegt. Auch frühere Bedenken, dass die immunsuppressive Therapie die endometriale Entzündungsreaktion und dadurch die Wirksamkeit des IUD reduziert, sind inzwischen ausgeräumt. Lediglich bei einer komplikationsreichen Transplantation – etwa nach einer Abstoßungsreaktion – können die Risiken der Insertion die Vorteile einer Kontrazeption mit einem IUD überwiegen. Gleiches gilt für das subdermale Implantat.
Bei DMPA-Injektionen ist der potenzielle negative Effekt auf die Knochendichte zu beachten. Dieser ist zwar bei gesunden Frauen reversibel, kann aber bei transplantierten Patientinnen das ohnehin erhöhte Risiko durch eine renale Osteodystrophie und die langfristige Steroidtherapie noch steigern.
Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva sind aufgrund der relativ hohen Versagerquote bei typischem Gebrauch nicht die erste Wahl nach einer Transplantation. Das Risikoprofil erscheint dennoch – außer in komplizierten Fällen – vertretbar. Nach einer Lebertransplantation sollten sie jedoch erst nach mindestens sechs Monaten angewendet werden, wenn die postoperative Organstabilität gewährleistet ist. Östrogenfreie Präparate wurden bisher nicht speziell bei transplantierten Frauen untersucht, ihr Einsatz kann bei einer Kontraindikation gegen die Östrogentherapie aber in Erwägung gezogen werden.
Ideal ist im übrigen die zusätzliche Verwendung eines Kondoms. CW
Quelle: Al-Badri M et al.: Reproductive planning for women after solid-organ transplant. Cleve Clin J Med 2017; 84: 719-28

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