In den meisten Fällen handelt es sich bei bereits bestehenden Schilddrüsenerkrankungen um euthyreote Strumen. Die Therapie mit Jodid allein oder in Kombination mit Thyroxin muss bei den Betroffenen während der Schwangerschaft fortgeführt werden, oft in höherer Dosierung. Eine unbehandelte Hypothyreose während der Schwangerschaft geht mit einer erhöhten Missbildungsrate einher. Schilddrüsenhormon ist für die fetale Entwicklung im ersten Trimester essenziell. Eine adäquate Hormonsubstitution mit der üblichen Dosis von 1,4 bis 1,9 µg/kg KG muss während der Schwangerschaft ggf. um ca. 25% erhöht werden. Hohe Jod-Dosen im Milligrammbereich (Kontastmittel, Seegras) sollten dagegen unterbleiben, da der Fötus empfindlich auf eine jodinduzierte Schilddrüsenblockade (Wolff-Chaikoff-Effekt) reagiert. Wird eine Hyperthyreose während der Gravidität nicht behandelt, hat dies eine höhere Abort- und Missbildungsrate zur Folge. In der thyreostatischen Therapie sollte die kleinstmögliche Dosis, mit welcher die freien Schilddrüsenhormone im mittleren bis oberen Normbereich bleiben, angestrebt werden. Autoimmun-Hyperthyreosen bessern sich meistens allein durch die Schwangerschaft, so dass die thyreostatische Therapie ggf. beendet werden kann. Eine Radiojod-Therapie ist kontrainduziert. Bereits in der achten Schwangerschaftswoche beginnt die Jodspeicherung in der fetalen Schilddrüse, ab der zehnten SSW die Schilddrüsenhormon-Synthese. Erst im zweiten Trimenon funktioniert die hypothalamisch-hypophysäre Regulation der fetalen Schilddrüse. Grundsätzlich besteht durch die Jodabgabe an den Föten bei der Schwangeren selbst ein relativer Jodmangel. Eine routinemäßige Jodid-Substitution von 100 bis 200 µg während der Schwangerschft wird deshalb immer empfohlen, auch wenn keine Schilddrüsenerkrankung vorliegt. Schilddrüsen Neugeborener, deren Mütter keine ausreichende Jodmenge während der Schwangerschaft einnahmen, sind stark vergrößert. Auch während der Stillzeit sollte die Schwangere täglich zusätzlich ca. 200 µg Jodid einnehmen, damit sich die Schilddrüse des Säuglings normal entwickeln kann.
Therapie und Prophylaxe
Gyn-Depesche 4/2001
Schilddrüsenerkrankungen in der Schwangerschaft
Bestehende Schilddrüsenerkrankungen sind während der Schwangerschaft einem zusätzlichen Wachstumsreiz ausgesetzt. Die Therapie muss auch während der Schwangerschaft fortgesetzt werden und richtet sich nach der zugrunde liegenden Art der Störung.
Quelle: Finke, R: Schilddrüsenerkrankungen in der Schwangerschaft und Stillzeit, Zeitschrift: ZEITSCHRIFT FUR ALLGEMEINMEDIZIN, Ausgabe 76 (2001), Seiten: 231-235