Hypersexualität

Gyn-Depesche 4/2018

Sex als emotionale Regulationsstrategie

Die Aufnahme der „hypersexuellen Störung“ in den DSM-5 wurde von der American Psychiatric Association aufgrund mangelnder Evidenz für die Diagnosekriterien abgelehnt. Ein Psychologie-Professor aus Ottawa sieht weiteren Forschungsbedarf.

Hypersexualität ist gekennzeichnet durch extrem intensives und häufiges sexuelles Verlangen, das für den Betroffenen eine Belastung darstellt. Klare diagnostische Kriterien zur Unterscheidung zwischen einer pathologischen Dysfunktion und normalem Sexualverhalten konnten bisher jedoch nicht definiert werden.
Neuere Studien deuten darauf hin, dass die Hypersexualität aus zwei Dimensionen besteht: der hohen sexuellen Appetenz einerseits und einem dysregulierten Sexualverhalten andererseits, das Sex als Reaktion auf unangenehme Gemütszustände wie Angst, Depressivität oder Einsamkeit einsetzt. Offenbar sind „sexsüchtige“ Menschen besonders empfäng
lich für negative Gefühle und reagieren darauf mit sexuellen Handlungen. Im Unterschied zu normalem adaptiven Verhalten lassen sich diese Reaktionen aber nicht situativ und flexibel anpassen und führen oft zu negativen Konsequenzen für den Betroffenen.
Der Versuch, einen klaren Cut-off zu definieren, ab wann sexuelles Verhalten pathologisch ist, widerspricht dem Konzept einer zweidimensionalen Funktion der Hypersexualität. Um verlässliche Diagnosekriterien zu finden, ist daher weitere Forschungsarbeit nötig. CW
Quelle:

Kingston DA: Hypersexuality: fact or fiction? J Sex Med 2018; 15: 613-5

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