Rückruf von texturierten Brustimplantaten

Gyn-Depesche 1/2019

So beraten Sie betroffene Patientinnen evidenzbasiert und ehrlich

Kürzlich rief die Firma Allergan alle texturierten Brustimplantate in der EU zurück. In einem Schreiben, das öffentlich verfügbar ist, weist die Firma darauf hin, dass „allein aufgrund dieser Information [dass das CE-Zeichen abgelaufen ist; Anm. d. Red.] die chirurgische Entfernung nicht empfohlen wird.“ Der wahre Hintergrund der Debatte wird dabei mit keinem Wort erwähnt: Es gibt Studien, die auf ein Risiko der Entstehung von anaplastisch-großzelligen Lymphomen (ALCL) im Zusammenhang mit texturierten Brustimplantaten hindeuten. Allergan bietet Patientinnen und ihren behandelnden Gynäkologen mit ihrem Schreiben kaum eine ehrliche Hilfestellung, wie mit der Situation umzugehen ist – zwei Autoren aus dem UK und den USA in einem Editorial im BMJ (British Medical Journal) schon.

In einer prospektiven Studie mit über 17.000 Patientinnen mit knapp 32.000 texturierten Brustimplantaten kam es in acht Fällen zu einem ALCL. Das entspricht einer Inzidenz von 1 zu 4.424 Implantaten oder 1 zu 2.207 Patientinnen. Das Risiko scheint bei weniger texturierten Varianten geringer zu sein (ca. 1 : 50.000 bis 1 : 80.000). Außerdem konnte man eine geografische Variabilität feststellen: 1 : 11.765 in den USA, 1 : 6.920 in den Niederlanden und 1 : 3.345 in Australien. Die Autoren nehmen an, dass diese Unterschiede in der Häufigkeit von derartigen Implantaten und in unterschiedlichen Meldewesen begründet liegen.
Die Symptome eines ALCL in Zusammenhang mit einem Brustimplantat können sein:
  • Schwellung um das Implantat herum (als Zeichen eines Seroms); bei ca. 80 % der Betroffenen mit ALCL vorhanden
  • Knoten (40 %)
  • Kapselkontraktur (8 %)
  • Rash (2 %)
Patientinnen mit diesen Symptomen sollten einem Spezialisten zur weiteren Abklärung vorgestellt werden. Zeigt sich in der Sonographie dann eine Flüssigkeitsansammlung um das I mplantat herum, sollte diese punktiert, das Serom aspiriert und das Material in die Zytologie gesendet werden. Bei einem ALCL sieht man dann große anaplastische, CD-30-positive Zellen. Man schätzt, dass ca. 10 % aller Spätserome ein ALCL als Ursache haben. Bei positiver Zytologie empfiehlt sich ein PET-CT.
Ist das ALCL auf das Serom und die Implantatkapsel begrenzt, ist die vollständige Kapselektomie mit Implantatentfernung angezeigt. Im frühen ALCL-Stadium kann ein Wiederaufbau mit autologem Gewebe oder runden Glattwand-Implantaten erwogen werden. Eine Lymphknotenbiopsie ist nur bei vergrößerten oder verdächtigen Drüsen notwendig.
Bei einigen Patientinnen kann es zu einer metastasierenden Erkrankung kommen. Dann ist eine Chemotherapie mit/ohne dem monoklonalen Antikörper Brentuximab notwendig. Wird das ALCL allerdings frühzeitig erkannt, ist die Prognose exzellent.
Ein Screening von asymptomatischen Patientinnen wird nicht empfohlen, da keine radiologischen Zeichen vor der Serombildung zur Darstellung kommen. Auch eine prophylaktische Entfernung der Implantate wird nicht empfohlen. CB
Quelle:

Dixon JM, Clemens M: Breast implants and anaplastic large cell lymphoma. BMJ 2018; 363: k5054

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