Beckenbodenmuskulatur

Gyn-Depesche 6/2015

Strukturanpassungen schützen vor Geburtstraumen

Theoretisch belastet eine vaginale Entbindung die Beckenbodenmuskulatur so stark, dass jede Frau Geburtsverletzungen davontragen müsste. Klinisch ist das bei der Mehrzahl aber nicht der Fall. Grund dafür sind schwangerschaftsinduzierte Veränderungen der Muskelstruktur, wie US-amerikanische Forscher im Tiermodell herausfanden.

Verglichen wurden jeweils zehn in-situ-fixierte Präparate des M. coccygeus, iliocaudalis und pubocaudalis von drei Monate alten Ratten in verschiedenen Schwangerschaftsstadien sowie vier und zwölf Wochen postpartal. Als Kontrolle dienten die entsprechenden Muskelgruppen bei drei und sechs Monate alten jungfräulichen Ratten und Präparate des M. tibialis anterior in den verschiedenen Fortpflanzungsphasen.
Die Schwangerschaft führte in allen Bereichen der Beckenbodenmuskulatur zu einem signifikanten Anstieg der Muskelfaserlänge: Im M. coccygeus waren die Fasern in der Spätschwangerschaft 37% länger als bei jungfräulichen Ratten, im M. iliocaudalis und pubocaudalis jeweils 21% länger. Zwölf Wochen nach der Entbindung hatten die Faserlängen wieder die Ausgangswerte erreicht. Im M. tibialis fanden sich erwartungsgemäß keine derartigen schwangerschaftsinduzierten Veränderungen. Der Kollagengehalt der extrazellulären Matrix stieg um 140% im M. coccygeus, um 75% im M. pubocaudalis und um 52% im M. iliocaudalis; in der Beinmuskulatur blieb er gleich. Die Sarkomerlänge und die physiologische Muskelquerschnittsfläche veränderten sich dagegen nicht.
Der große Zuwachs an Faserlänge und Kollagengehalt der extrazellulären Matrix vor allem im M. coccygeus führt offensichtlich zu einer höheren Exkursion und Elastizität des Muskels, so die Erklärung der Autoren. Beides reduziert wiederum die Belastung der Sarkomere bei der Entbindung und somit die Verletzungsgefahr. CW
Quelle:

Alperin M et al.: Pregnancy-induced adaptations ... Am J Obstet Gynecol 2015; 213: 191.e1-7

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