Unterschätztes Risiko

Gyn-Depesche 4/2018

Suizidrisiko durch hormonelle Kontrazeptiva

Weltweit verhüten etwa 100 Millionen Frauen mit Hormonen. Nachdem sich in Studien eine erhöhte Depressionsrate fand, wurde nun in Dänemark das relative Risiko für Suizidversuche und Suizide bei Einsatz verschiedener hormoneller Empfängnisverhütungs-Methoden untersucht. Offenbar wird die Gefahr massiv unterschätzt.

In einer prospektiven Kohortenstudie analysierte man die Daten von 500 000 dänischen Frauen ohne psychiatrische Diagnose und ohne Antidepressiva-Einnahme, die nach dem 15. Lebensjahr mit einer hormonellen Kontrazeption begonnen hatten (durchschnittliches Alter 21 Jahre). Im Laufe der im Schnitt 8,3- jährigen Nachbeobachtungszeit (3,9 Mio. Personenjahre) ereigneten sich 6999 erste Suizidversuche und 71 vollendete Suizide.
Gegenüber den Frauen, die niemals hormonelle Kontrazeptiva eingenommen hatten, war das relative Risiko bei den (aktuell oder in der Vergangenheit) hormonell verhütenden Frauen (54% der Studienpopulation) deutlich erhöht: Suizidversuche waren mehr als doppelt und Suizide mehr als dreimal so wahrscheinlich (HR 1,97; 95%KI: 1,85-2,10 bzw. 3,08; 95%KI: 1,34-7,08). Junge Frauen hatten in dieser Auswertung das größte relative Risiko für einen Suizidversuch (15 bis 19 Jahre: HR 2,06; 20 bis 24 Jahre: HR 1,61; 25 bis 33 Jahre: HR 1,64). Bezüglich der Verhütungstechnik ergab sich das höchste Risiko für ein Hormonpflaster (HR 3,28), gefolgt von einem Vaginalring (HR 2,58), Pillen mit Progestin (HR 2,29) und Pillen mit Hormonkombination (HR 1,91).
Der Zusammenhang mit einem ersten Suizidversuch war etwa zwei Monate nach Beginn der Verhütung am stärksten. Das Risiko blieb dann über ein Jahr mindestens verdoppelt und sank dann ab, war aber gegenüber niemals verhütenden Frauen über sieben Jahre stets um 30% höher. HL
Quelle:

Skovlund CW et al.: Association of hormonal contraception with suicide attempts and suicides. Am J Psychiatry 2018; 175(4): 336-42

ICD-Codes: Z30.

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