Seit 2015 soll in England die „Prevent-Strategie“ dafür sorgen, dass Personen mit erkennbarem Risiko zur terroristischen Radikalisierung von Mitarbeitern des Gesundheitswesens, aber auch in Schulen und Universitäten, gemeldet werden, um „Gegenmaßnahmen“ zu ermöglichen. In Schulen und Universitäten führte die Einführung zu heftigen Diskussionen – im Gesundheitswesen hört man dagegen erst langsam mehr und mehr Kritik. Wie kann man als Arzt überhaupt eine Person mit erhöhtem Radikalisierungsrisiko erkennen? Hierfür existieren im UK zwar Schulungen, aber die Teilnahme ist freiwillig, und die Inhalte werden als „ziemlich flach“ wahrgenommen. Zudem sind die Schulungen nicht spezifisch auf Ärzte zugeschnitten. Aber gerade in der Arztpraxis stellen sich Fragen, wie „Prevent“ umgesetzt werden kann – und ob dies überhaupt geboten ist. Denn Ärzte fürchten, dass Patienten ihrem Arzt nicht mehr alles erzählen, wenn sie von „Prevent“ wissen. Ein Kritikpunkt ist auch, dass vielen nicht klar ist, welche Folgen die Meldung eines „terrorverdächtigen“ Patienten hat. Hierzu gibt es allenfalls anekdotische Berichte. Das „Royal College of Psychiatrists“ fordert daher robuste Evidenz über die Wirkung von „Prevent“. CB
Schweigepflicht versus Sicherheit
Gyn-Depesche 5/2017
Terrorverdächtige Patienten melden?
Die englische Gesundheitsbehörde NHS ist im UK per Gesetz dazu verpflichtet, Personen zu melden, die möglicherweise dem Risiko unterliegen, Terroristen zu werden. Von dieser Meldepflicht sind auch Ärzte und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen betroffen. Das wirft in der täglichen Praxis Fragen auf.
Quelle:
Gulland A: Is there any place for counterterrorism in the NHS? BMJ 2017; 357: j1998