Perimenstruelles Asthma

Gyn-Depesche 2/2017

Therapiehypothese: mehr Hormone geben

Dass sich ein Asthma bei Frauen um die Menstruation herum verschlechtern kann, ist eine klinische Beobachtung. In einer Übersichtsarbeit versuchte man nun, zum einen die dahinter liegende Pathophysiologie zu beleuchten. Zum anderen leiteten die Autoren daraus Therapie-Empfehlungen für perimenstruelles Asthma (PMA) ab. Das hormonfreie Intervall könnte der Schlüssel sein.

Bis zu 40% der Frauen mit Asthma sind von einer Verschlechterung der Erkrankung um die Menstruation herum betroffen (=PMA). Eine exakte Definition von PMA allerdings gibt es gar nicht. Was als gesichert gilt ist, dass Patientinnen mit PMA häufiger in die Notaufnahme müssen, häufiger wegen ihres Asthmas hospitalisiert werden und auch häufiger daran versterben.
Die pathophysiologische Verbindung zwischen „den Tagen“ und der Asthmaexazerbation scheint in den Sexualhormonen zu liegen. So beeinflussen wechselnde Östrogenspiegel die Mastzell-Degranulierung, während Testosteron diese stabilisieren. Die perimenstruelle Abnahme von Progesteron und Estradiol führt über die Mastzell-Degranulierung im Endometrium über die lokale Entzündung zur Monatsblutung. Allerdings kommt es auch zu einer systemischen Inflammation, bei der Mastzellen und Eosinophile im Blut degranulieren und weitere Entzündungsmarker in Geweben erhöhen, in denen ohnehin bereits hyperaktive Mastzellen vorhanden sind – wie z. B. in den Lungen von Asthmatikern. Viele Studien haben das mittlerweile bestätigt.
 
Asthma und die Pille
 
Kennt man diesen pathophysiologischen Zusammenhang, ist es plausibel, dass exogen zugeführtes Östrogen sowie Progesteron die Ausprägung von PMA beeinflussen kann. In einer prospektiven Studie mit 106 Frauen zeigte sich, dass sich bei einer Einnahme von oralen Kontrazeptiva (OC) die Asthmabeschwerden der Patientinnen reduzierten, die Lungenfunktion verbesserte und die Asthmakontrolle insgesamt verbesserte. Eine weitere Untersuchung fand ebenfalls eine reduzierte Reaktivität der Atemwege bei Asthmatikerinnen unter OC-Einnahme (gemessen an der Adenosin-Monophosphat-Reaktivität).
 
Die Therapie-Idee
 
Wenn demnach das zyklusbedingte Abfallen von Estradiol und Progesteron Asthma triggern kann, kann eine Stabilisierung der Hormonspiegel möglicherweise perimenstruelle Asthmaexazerbationen verhindern. Und das kann über eine Verkürzung des hormonfreien Intervalls (HFI, hormone free intervall) bei der Pilleneinnahme einfach erreicht werden. Am weitesten verbreitet findet man das 21/7-Schema mit 7 „hormonfreien“ Tagen. Aber der Grund für die Hormonpause, so die Autoren, sei nicht die Notwendigkeit einer regelmäßigen Menstruation, sondern vielmehr ein historischer und psychologischer: Früher konnte nur die Monatsblutung beweisen, dass man nicht schwanger war.
Aber es gibt möglicherweise einen weiteren Mechanismus: Eine ausbleibende Monatsblutung könnte über die Reduzierung oder Vermeidung einer Anämie das PMA positiv beeinflussen – diese Theorie ist allerdings nicht bewiesen und aus einer Studie mit anämischen Kindern abgeleitet.
In Studien eindeutig gezeigt werden konnte allerdings, dass eine Verkürzung des pillenfreien Intervalls von 7 auf 4 Tage oder sogar auf 2 Tage (24/4- bzw. 26/2-Schema) zu einem Rückgang von Dysmenorrhoe, prämenstruellem Syndrom und Dysphorie führte. Das unterstützt die Hypothese, dass eine Leerpillenintervallverkürzung auch bei Asthmatikerinnen das PMA positiv beeinflussen könnte. „Eine E2V/DNG-Pille (natürliches Estradiol-Valerat/Dienogest im 26/2-Schema) könnte also für die Betroffenen eine gute Alternative sein“, so die Autoren. Allerdings bedarf es nun erst einmal prospektiver Studien, um diese Idee zu bestätigen ... CB
Quelle:

Graziottin A, Serafini A: Perimenstrual asthma: from pathophysiology to treatment strategies. Multidiscip Respir Med 2016; 11: 30

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