Anämie nach postpartalen Blutungen

Gyn-Depesche 2/2016

Transfusionswahrscheinlichkeit vorhersagen

Während der Akutphase einer postpartalen Hämorrhagie sind Bluttransfusionen oft unvermeidbar. Eine weiterhin bestehende Anämie kann man auch durch Eisen- und/oder Folsäurepräparate in den Griff bekommen. Niederländische Wissenschaftler entwickelten ein Modell zur Prognose, wann ein hohes Risiko einer Notfalltransfusion besteht.

Im Rahmen einer niederländischen Multicenterstudie entschied man sich bei 632 Frauen mit einer akuten Anämie (Hb 4,8-7,9 g/dl) nach schweren postpartalen Blutungen für eine Strategie des kontrollierten Zuwartens anstatt einer sofortigen Gabe von Erythrozytenkonzentrat. 362 Patientinnen hatten dieses Vorgehen selbst gewählt, 261 waren durch Randomisierung in den Studienarm gelangt. Neben klinischen Variablen wurden mittels standardisierter Fragebögen auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie Fatigue-Symptome dokumentiert.
Während der sechswöchigen Studiendauer wurde in 12% der Fälle eine Transfusion notwendig. Im Durchschnitt erfolgte diese nach zwei Tagen; Indikationen waren, soweit bekannt, beispielsweise sekundäre Blutungen oder Infektionen. Multivarianzanalysen ergaben vier klinische Parameter, die unabhängig voneinander eine Notfalltransfusion vorhersagten: Primiparität, Mehrlingsschwangerschaft, ein Blutverlust über 1500 ml und ein niedrigerer Hb-Wert 12 bis 24 Stunden nach der Entbindung. Risikoerhöhend wirkte außerdem ein höheres Ausmaß an physischer Müdigkeit und Motivationsarmut, welche mittels des „Multidimensional Fatigue Inventory“ (MFI) bestimmt wurden. Dagegen verringerten ein höherer Score für die gesundheitsbezogene Lebensqualität und – überraschenderweise – für reduzierte Aktivität die Wahrscheinlichkeit einer Transfusion.
Mithilfe dieser Prognosefaktoren, so die Autoren, lässt sich das Risiko durch ein abwartendes Vorgehen besser einschätzen. CW
Quelle:

Prick BW et al.: Prediction of escape red blood cell transfusion in expectantly managed women with acute anaemia after postpartum haemorrhage. BJOG 2015; 122: 1789-97

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