Schwangerschaftsintervall

Gyn-Depesche 4/2015

Unnötige Wartezeit nach Fehlgeburt

Viele Gynäkologen empfehlen, nach einer frühen Fehlgeburt mindestens drei Monate bis zu einer erneuten Konzeption vergehen zu lassen. Dieser gutgemeinte Rat entbehrt jedoch der wissenschaftlichen Evidenz, wie eine US-amerikanische Studie ergab.

An der prospektiven EAGeR-Studie (Effects of Aspirin in Gestation and Reproduction) hatten 677 Frauen teilgenommen, die nach einer oder zwei vorangegangenen Fehlgeburten erneut schwanger wurden. Bei etwa einem Drittel von ihnen waren bis zur nächsten Konzeption weniger als drei Monate vergangen. Die Lebendgeburtenrate lag in dieser Gruppe bei 80,4%. Mit zunehmender Wartezeit bis zur nächsten Schwangerschaft sank sie sogar: Bei einem Intervall von drei bis sechs Monaten betrug sie 76,4%, nach mehr als zwölf Monaten nur noch 65%. Nach Einbeziehung möglicher Störfaktoren ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Auch auf die Rate an Schwangerschaftskomplikationen (Präeklampsie, Gestationsdiabetes oder Frühgeburt) oder den Zeitpunkt eines eventuellen weiteren Aborts schien sich eine längere Wartezeit nicht auszuwirken.
Die neuen Studienergebnisse stellen die offiziellen Empfehlungen der WHO in Frage, denen zufolge Frauen nach einem spontanen oder induzierten Abort mindestens sechs Monate bis zu einer erneuten Schwangerschaft vergehen lassen sollen. Diese Leitlinien berufen sich auf die Ergebnisse einer großen lateinamerikanischen Studie, die allerdings nicht zwischen Fehlgeburten und – meist illegalen und daher risikobehafteten – Abtreibungen unterschied. CW
Quelle:

Wong LF et al.: The effect of a very short interpregnancy interval and pregnancy outcomes following a previous pregnancy loss. Am J Obstet Gynecol 2015; 212: 375.e1-375.e11

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