Erwachsene mit ADHS und/oder Autismus

Neuro-Depesche 11-12/2020

Unterschiede in der psychiatrischen Komorbidität?

Eine komorbide psychiatrische Erkrankung kann die Diagnose einer ADHS und einer Autismus-Spektrum-Störung (ASD) verzögern und die Therapie erschweren. In Griechenland wurde jetzt die Lebenszeitprävalenz komorbider Psychopathologien in einer Stichprobe Erwachsener mit neu diagnostizierter ADHS und/oder ASD untersucht.
Praxisfazit
Der größte Unterschied in der psychiatrischen Komorbidität zwischen ADHS- und Nicht-ADHS-Patienten bestand in einer Substanzkonsumstörung. Darüber hinaus scheint eine zusätzliche ADHS die psychiatrische Komorbidität bei ASD-Patienten deutlich zu erhöhen
336 Erwachsene, die an die ADHS/ADS-erfahrene psychiatrische Erwachsenenabteilung der Athener Universitätsklinik überwiesen worden waren, unterzogen sich dort zum allerersten Mal einer gründlichen psychiatrischen Untersuchung. Sie wurden in vier Gruppen eingeteilt: 151 Patienten mit ADHS, 58 mit ASD, 28 mit ADHS + ASD und 88 Kontrollen ohne ADHS, ASD oder eine andere Entwicklungsstörung (NN). Erhoben wurde die Lebenszeitprävalenz von zehn häufigen psychiatrischen Störungen.
 
ADHS: Komorbidität bei mehr als 70 %
Eine lebenszeitliche psychiatrische Komorbidität fand sich bei 72,8 % der ADHS-Gruppe, bei 50 % der ASD-, bei 72,4 % der ADHS + ASD-Gruppe und – überraschenderweise – bei 76,1 % der NN-Gruppe. Zu der unerwartet hohen Komorbidität der Kontrollen trug eventuell bei, dass diese Personen mit 34,5 Jahren einen höheren Altersdurchschnitt aufwiesen als die der übrigen Gruppen (31,0, 28,7 bzw. 28,8 Jahre).
Während in allen vier Gruppen eine Depression am häufigsten war (37,3 %, 29,3 %, 24,1 %, 31,3 %), litt mit 17 der 88 Patienten (19,3 %) ein erstaunlich hoher Anteil der NN-Gruppe dieser klinischen Stichprobe an einer Bipolaren Störung. In den drei übrigen Gruppen waren es mit 9,3 %, 3,5 % bzw. 13,8 % deutlich weniger (p = 0,025). Soziale Phobie, Panik- und Zwangsstörung, Psychose, Alkoholabhängigkeit und antisoziale Persönlichkeit hatten –ohne signifikante Unterschiede zwischen den vier Gruppen– eine Prävalenz von 1,7 % bis 16,7 %.
 
Mehr Sucht in den ADHS-Gruppen
Neben der Bipolaren Störung gab es in der Komorbidität zwischen den vier Gruppen nur einen weiteren deutlichen Unterschied: In der ADHS- und der ADHS/ASD-Gruppe litten 40 (26,6 %) bzw. sechs Patienten (20,7 %) an einer Substanzkonsumstörung (SUD), während diese in den Nicht-ADHS-Gruppen (ASD: 3,5 % bzw. NN: 11,0 %) deutlich seltener war (p = 0,001). JL
Quelle: Pehlivanidis A et al.: Lifetime co-occurring psychiatric disorders in newly diagnosed adults with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) or/and autism spectrum disorder (ASD). BMC Psychiatry (2020); 20: 423 [Epub 26. Aug.; doi: 10.1186/ s12888-020-02828-1]
ICD-Codes: F90.0

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