NSAIDs in der Schwangerschaft

Gyn-Depesche 2/2021

Vermutlich steigt das Frühgeburtsrisiko

Werdende Mütter, die innerhalb der ersten 22 Schwangerschaftswochen (SSW) nicht steroidale Antiinflammativa (NSAIDs) einnehmen, erleiden möglicherweise häufiger eine Frühgeburt. Zu diesem Schluss kommen französische Wissenschaftler:innen nach Auswertung umfangreicher Versichertendaten.
Aufgrund hoher fetaler Risiken wie dem vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus sind nicht selektive NSAIDs in fortgeschrittenem Schwangerschaftsalter kontraindiziert. Auf COX-2-Inhibitoren sollte während der gesamten Gravidität verzichtet werden. Unklar ist allerdings, ob die Wirkstoffe bereits in der ersten Schwangerschaftshälfte eine Gefahr für Mutter und Kind darstellen. Mit dieser Thematik beschäftigten sich die Forscher:innen im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie. Sie gingen dabei speziell der Frage nach, ob ambulant verordnete nicht selektive NSAIDs bzw. COX-2-Inhibitoren bei Einnahme zwischen der Konzeption und der 22. SSW für eine Frühgeburt prädisponieren. Das Studienkollektiv bildeten mehr als 1,5 Millionen staatlich krankenversicherte Frauen im Alter zwischen 15 und 45 Jahren mit nahezu 1,6 Millionen lebenden Einlingesgeburten zwischen 2012 und 2014. Schwangerschaften mit NSAID-Exposition nach der 22. SSW wurden ausgeschlossen. Den Studienendpunkt bildete eine Frühgeburt vor der 37. SSW, wobei zwischen extremen (vor der 28. SSW), frühen (28. bis 31. SSW) und späten (32. bis 36. SSW) Frühgeburten unterschieden wurde.
Das Ergebnis: Die Exposition gegenüber nicht selektiven NSAIDs ging – bei Berücksichtigung zahlreicher Kovariablen wie soziodemografischen Faktoren, Komorbiditäten, weiteren verschreibungspflichtigen Medikamenten sowie geburtshilflichen Risiken – mit einem um 76 % erhöhten Risiko für eine extreme, einem um 28 % erhöhten Risiko für eine frühe und einem um 8 % erhöhten Risiko für eine späte Frühgeburt einher. Insgesamt stieg das Frühgeburtsrisiko – unabhängig davon, ob das Präparat chronisch oder sporadisch angewendet wurde – um 8 % und bei zusätzlicher Einnahme eines COX-2- Inhibitors um 13 %. Die alleinige Einnahme von COX-2-Inhibitoren wie Celecoxib oder Etoricoxib beeinflusste das Frühgeburtsrisiko hingegen nicht wesentlich. Fünf NSAIDs kristallisierten sich als besonders problematisch heraus: Ketoprofen, Flurbiprofen, Nabumeton, Etodolac sowie Indomethacin. Letzterer Wirkstoff erhöhte das Frühgeburtsrisiko insgesamt um 92 % und das Risiko für die Geburt eines extrem unreifen Kindes um den Faktor 9,3.
Angesichts der Häufigkeit von Frühgeburten sowie der damit einhergehenden hohen Morbidität und Mortalität haben die Studienergebnisse eine erhebliche praktische Relevanz, meinen die Wissenschaftler: innen: Ihrer Ansicht nach sollten sie als „pharmako-epidemiologische Warnung“ verstanden werden. In weiteren Untersuchungen müssten diese Beobachtungen überprüft und die pathophysiologischen Zusammenhänge geklärt werden. LQ
Quelle: Quantin C et al.: Early exposure of pregnant women to non-steroidal anti-inflammatory drugs delivered outside hospitals and preterm birth risk: nationwide cohort study. BJOG 2021; doi: 10.1111/1471-0528.16670

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x