1. Die Theorie klingt gut: Anamnese, körperliche Untersuchung, Differenzialdiagnosen, Apparativdiagnostik. In der Realität aber ist das innerhalb der durchschnittlichen 7-Minuten- Konsultation nicht möglich. Also definiert man seine Diagnose aufgrund der Kenntnisse über den Patienten sehr frühzeitig und testet seine Hypothese dann gegen die zunehmende Evidenz. Die Gefahr: Man hält zu lange an der ursprünglichen Hypothese fest. 2. Es gibt „herzerweichende“ Patienten, die viel Zeit und Emotionen kosten, aber ein schlechtes Outcome haben. Das schulmedizinische Krankheitsmodell passt nicht für jeden Patienten, und manchmal ist es schwierig, die eingetretenen Pfade zu verlassen: Alles sieht wie ein Nagel aus, wenn man einen Hammer in der Hand hält. 3. Die so genannte „stillschweigende Annahme“ erschwert die Kommunikation in der Arztpraxis. Man sollte die Dinge grundsätzlich beim Namen nennen. 4. Auch der allerbeste Mediziner wird in seiner Laufbahn mit Beschwerden seitens seiner Patienten konfrontiert werden. Retrospektiv sieht immer alles ganz klar und einfach aus – aber die ärztliche Tätigkeit gleicht häufig einem „Management der Unsicherheiten“. 5. Man muss akzeptieren, dass nicht nur der Patient, sondern auch der Arzt eine Vorgeschichte hat. Selbsterkenntnis ist wichtig. CB
Ein Arzt blickt zurück
Was Ärzten am Anfang niemand verrät
In der Wirtschaft ist es üblich, mit Mitarbeitern, die die Firma verlassen, „Exit-Gespräche“ zu führen. Das ist die letzte Chance für Vorgesetzte und das Unternehmen, noch etwas von dem Mitarbeiter-auf-dem- Sprung zu lernen. Im Gesundheitswesen gibt es solche Gespräche selten. Deshalb wollte es sich ein englischer Arzt nicht nehmen lassen, nach seiner 21-jährigen Tätigkeit seine fünf essenziellen Erkenntnisse an junge Ärzte zu vermitteln.
Davies M: Five things I wish I‘d known at the start of my career as a GP. BMJ 2017; 357: j3042