Pärchen liegt auf dem Bauch, zieht sich die Bettdecke über die Köpfe, hält sich an den Händen und schaut aber skeptisch entgegengesetzt.

Postpartale Sexualfunktion

Gyn-Depesche 5/2022

Welche Rolle spielt der Geburtsmodus?

Die vaginale Geburt eines Kindes verursacht am Perineum und am Beckenboden in der Regel deutlich stärkere Schäden als eine Kaiserschnittentbindung. Dennoch treten postpartale Sexualfunktionsstörungen bei beiden Geburtsmodi offenbar ähnlich häufig auf.
Zu diesem Schluss kommt ein griechisches Forscherteam nach Analyse umfangreicher Studiendaten. Voraussetzung für die sexuelle Gesundheit der Frau ist ein komplexes Zusammenspiel psychologischer, interpersoneller und biologischer Faktoren, erläutern die Wissenschaftlerinnen um Effrosyni Nikolaidou von der Universität Athen. Letztere betreffen unter anderem die physiologischen Strukturen sowie das Hormonsystem. Im Rahmen des vaginalen Geburtsvorgangs können erhebliche traumatische anatomische Veränderungen auftreten, die in den Monaten nach der Geburt die Sexualität der betroffenen Frauen belasten, beispielsweise im Sinne einer Dyspareunie oder chronischer Schmerzen. Die für den Beckenboden schonendere Kaiserschnittgeburt gilt dagegen im Hinblick auf die spätere Sexualfunktion als weniger problematisch. Die Frage, inwiefern sich die verschiedenen Geburtsmodi bezüglich der postpartalen Sexualfunktion unterschieden, wurde bislang allerdings nicht systematisch beleuchtet. Das ändern die Forscherinnen nun: Mittels systematischer Literaturrecherche identifizierten sie 16 Beobachtungsstudien, welche die weibliche Sexualfunktion innerhalb der ersten zwölf Monate nach einer Geburt untersucht hatten, und unterzogen sie einer Metaanalyse. Das Metaanalyse- Kollektiv umfasste 41.441 Mütter im Alter zwischen 15 und 49 Jahren (Durchschnittsalter 29,9 Jahre), die per vaginaler Spontangeburt, vaginal-operativer Geburt bzw. Sectio entbunden worden waren. Frauen mit psychischen Vorerkrankungen schlossen die Forscherinnen von der Auswertung aus. In allen Studien war die Sexualfunktion mithilfe validierter Fragebögen, beispielsweise mithilfe des FSFI (Female Sexual Function Index), objektiviert worden.
Das Ergebnis: Einen signifikanten Unterschied der einzelnen Entbindungsmodi im Hinblick auf die postpartale Sexualfunktion stellten die Wissenschaftlerinnen nicht fest. Einige Untersuchungen gingen zusätzlich der Frage nach weiteren Einflussfaktoren nach. Hier deutete sich an, dass der Geburtsmodus bei einem negativen Geburtserlebnis sowie bei schweren Dammverletzungen die postpartale Sexualfunktion beeinträchtigte.
Geburtshelfer:innen sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Entbindungsmodus unter Umständen – beispielsweise abhängig vom subjektiven Geburtserlebnis und dem Ausmaß der Geburtsverletzungen – die Sexualfunktion der Frauen längerfristig beeinflussen kann, so das Fazit der Autorinnen. Sie empfehlen, die Gebärenden hierüber aufzuklären, und hoffen auf weitere Studien zu dieser Thematik. LO

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