Witwentum

Gyn-Depesche 3/2001

Wer leidet mehr: Mann oder Frau?

Der Psyche verwitweter Menschen geht es schlechter als derjenigen verheirateter. Es ist bekannt, dass der Verlust eines geliebten Menschen ein traumatisches Ereignis ist. In der vorliegenden Studie wurden die psychologischen Konsequenzen des Witwentums über einen längeren Zeitraum beobachtet.

Die Daten von 1 686 Personen über 65 Jahre wurden gesammelt. Dabei handelte es sich um 355 verheiratete Frauen, 449 verheiratete Männer, 729 verwitwete Frauen und 153 verwitwete Männer. Die abhängige Variable in dieser Untersuchung war die depressive Symptomatik, welche anhand der Depressions-Skala (CES-D) von Ross und Mirowsky eingestuft wurde. In dieser Skala sind z. B. Fragen nach dem Befinden des Patienten (depressiv; ängstlich; alles, was Sie taten, kam Ihnen überflüssig vor) enthalten. Probanden, die weniger als neun von 17 Fragen beantworteten, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die pro Frage zu erreichende Punktzahl betrug 0-84. Bei den verwitweten Personen wurde die Anzahl der Jahre nach dem Tod des Partners in der Untersuchung berücksichtigt. Die physische Verfassung wurde ebenso in die Studie mit einbezogen wie die soziale Einbindung (hier: Zusammentreffen mit Verwandten, Freunden, Besuche von Kirche, Bar, Sportvereinen etc.). Alter und Ausbildung wurden in Jahren übertragen. Ferner wurden berücksichtigt: das Einkommen sowie die Zufriedenheit bei der täglich zu verrichtenden Arbeit/ Hausarbeit. Die Auswertung der Daten ergab, dass verwitwete Männer signifikant depressiver als verheiratete Männer sind. Die Unterschiede zwischen verwitweten und verheirateten Frauen war hingegen nicht signifikant, wenn auch bestehend. Verheiratete Männer waren von allen die am wenigsten depressiven (signifikant weniger depressiv als verheiratete Frauen). Verwitweten Männern ging es psychisch schlechter als verwitweten Frauen. Je länger die Witwenschaft andauerte, desto weniger ausgeprägt war die depressive Symptomatik. Das könnte auch den Unterschied zwischen verwitweten Männern und Frauen erklären, denn Männer trifft das Alleinsein durchschnittlich zu einem späteren Zeitpunkt, d. h., die in die Studie aufgenommenen Männer waren im Durchschnitt seit kürzerer Zeit Witwer. Alter und Ausbildung zeigten einen Einfluss auf die Schwere der Depression, aber nicht der Geschlechtsunterschied. Das Einkommen zeigte keinen Einfluss auf die depressive Symptomatik. Sehr religiöse Menschen und diejenigen, die ihre Kinder in irgend einer Weise unterstützten, waren weniger depressiv, ebenso solche, die Spaß an häuslichen Aufgaben hatten.

Quelle: Lee, GR: Gender differences in the depressive effect of widowhood in later life, Zeitschrift: JOURNAL OF GERONTOLOGY, Ausgabe 56 (2001), Seiten: 56-61

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