Eine Schweizer Arbeitsgruppe durchforschte die verfügbare Literatur zum Thema weibliche Genitalverstümmelung (female genital mutilation/ cutting, FGM/C). Mehrere in Afrika durchgeführte Studien weisen auf ein erhöhtes Risiko für Geburtskomplikationen durch FGM/C hin, etwa für postpartale Blutungen, Sectiones und Episiotomien. Zumindest zum Teil reduziert sich dieses Risiko aber in westlichen Ländern aufgrund der besseren geburtshilflichen Versorgung. Eine höhere Inzidenz von instrumentellen Geburten, Episiotomien und Dammrissen dritten Grades scheint dennoch erhalten zu bleiben.
Unklarheit besteht über den optimalen Zeitpunkt einer Defibulation bei schwangeren Frauen mit Typ-III-FGM/C. In der Literatur finden sich Empfehlungen sowohl für eine Defibulation während der Gravidität als auch in der ersten oder zweiten Wehenphase. Eine Londoner Kohortenstudie mit 253 betroffenen Frauen ergab einen nichtsignifikanten Trend zu erhöhten Blutverlusten und Lazerationen bei einer intrapartalen Defibulation.
Auch über die medizinischen, sexuellen und psychologischen Folgen einer Defibulation außerhalb der Schwangerschaft existieren nur wenige aussagekräftige Studien. Fallserien weisen darauf hin, dass Dysmenorrhoe, Dyspareunie und Miktionsprobleme durch Entfernung des verengenden Narbengewebes reduziert werden können. Vor einem solchen Eingriff ist jedoch eine eingehende Beratung notwendig. Einige Frauen wünschen nur eine teilweise Öffnung; viele verweigern sich, wenn der Ehemann nicht zustimmt. Ob eine zusätzliche Rekonstruktion der Klitoris das sexuelle Erleben verbessern kann, ist ebenfalls nicht hinreichend evaluiert.
Insgesamt beklagen die Autoren die äußerst magere Datenlage zur evidenzbasierten Behandlung der FGM/C. Dringend erforderlich seien kontrollierte Studien, die verschiedene Therapieoptionen bei den unterschiedlichen FGM/CTypen vergleichen. CW