Single-Incision-Schlinge (SIS)

Gyn-Depesche 4/2017

Wie sehr sind die Gefäße in Gefahr?

Zwischen 20 und 40% aller Frauen leiden in ihrem Leben unter einer Belastungsinkontinenz. Die TVT (tension-free vaginal tape) ist eine etablierte Behandlungsmethode. Das Band kann dabei retropubisch oder transobturatorisch eingebracht werden. Grundsätzlich besteht dabei aber die Gefahr, dass Blutgefäße bei der Blindpassage verletzt werden. Bei den neueren Single-Incision-Schlingen (SIS) soll dieses Risiko geringer sein. Nun untersuchte man, wie sehr man sich bei SIS-Prozeduren mit dem Spieß bzw. Anker tatsächlich den Gefäßen nähert.

Bei der SIS-Implantation erfolgt die beidseitige Platzierung über eine kleine Inzision an der anterioren Vaginalwand, was den Weg, den das Band mit seiner Verankerung blind im Gewebe zurücklegt, verringert. Dennoch befindet sich das obturatorische Gefäß-Nerven-Bündel in der Nähe. Dehalb untersuchten die Autoren an weiblichen Leichen, wie weit entfernt von den Gefäßen die beidseitigen obturatorischen Verankerungspunkte bzw. das Band selbst nach der SIS-Prozedur tatsächlich zu liegen kommen.
Es wurden die SIS von zwei Herstellern bei insgesamt zwölf Eingriffen verwendet, weshalb man 24 Messungen zwischen SIS-Anker und Gefäßen durchführen konnte. Die mittlere gemessene Distanz, sozusagen der „Sicherheitsabstand“ zwischen SIS und Gefäßen, betrug im Mittel der 24 Messungen 3,4 cm (zwischen 2,0 und 6,0 cm). Im Vergleich zur klassischen TVT-Prozedur war dieser Wert größer (Vergleichsdaten anderer Studien: retropubische TVT: 3,2 cm, transoburatorische TVT: 1,8 cm (bzw. 1,3 cm bei Inside-out-Technik und 2,3 cm bei Outside-in-Technik). Die in dieser Studie gemessene Distanz lässt also eine größere Sicherheit bzgl. Gefäßverletzungen vermuten.
Allgemein wurden für die TVT-Komplikationen wie Verletzungen der superioren und inferioren epigastrischen Gefäße, der A. iliaca externa, von Darm, Blase und Urethra beschrieben. Aber auch bei der SIS kennt man Probleme wie vaginale Mesh-Exposition, Leistenschmerzen, persistierende Inkontinenz, Blasenperforation, Urethraobstruktion oder Blutungen. Auch die so genannte Corona mortis wurde schon bei einer SIS-Prozedur verletzt.
Die beiden in dieser Studie untersuchten Produkte wurden mittlerweile allerdings vom Markt genommen – die Langzeitergebnisse waren den anderen Schlingen-OPs zum Teil unterlegen. Es sind aber andere, neuere SIS auf dem Markt verfügbar. CB
Quelle:

O‘Boyle AL et al.: Anatomic relation between single- incision slings and the obturator vessels. Proc (Bayl Univ Med Cent) 2017; 30: 154-6

ICD-Codes: N39.3

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