Inflammatorisches Mammakarzinom

Gyn-Depesche 4/2021

Zügige Diagnose und Therapie entscheidend

Das inflammatorische Mammakarzinom ist ein seltener und aggressiver Tumor, der klinisch leicht mit einer Brustentzündung verwechselt werden kann. Die Prognose der betroffenen Frauen hängt im Wesentlichen davon ab, ob Hausärzte und niedergelassene Gynäkologen frühzeitig Verdacht schöpfen und eine entsprechende Abklärung einleiten.
Obwohl nur maximal 5 % aller Mammakarzinome eine inflammatorische Differenzierung aufweisen, sind sie für etwa 10 % aller Brustkrebs-Todesfälle ursächlich. Inflammatorische Mammakarzinome treten im Vergleich zu anderen Brustkrebsarten meist in einem jüngeren Alter (median 59 versus 62 Jahre) auf. Als Risikofaktoren gelten Adipositas sowie die afroamerikanische Abstammung.
Die Diagnose dieses besonders aggressiven invasiven Mammakarzinoms stellt nicht selten eine diagnostische Herausforderung dar, da die Tumormanifestationen nur schwer von entzündlichen Brustveränderungen zu unterscheiden sind. Zu den klassischen Symptomen zählen Erythem und Überwärmung, Schwellungen, eine Mamillenretraktion sowie die Peau d‘ Orange. In der Mehrzahl der Fälle ist kein begleitender Tumorknoten tastbar. Differenzialdiagnostisch müssen daher sowohl eine Mastitis bzw. ein Abszess als auch eine idiopathische granulomatöse Mastitis bedacht werden. Bestrahlungsbedingte Hautreizungen sowie atypische Pilzinfektionen manifestieren sich ebenfalls ähnlich. Bei entzündlichen Brustveränderungen muss deshalb kontrolliert werden, ob sich die Hautveränderungen im Therapieverlauf, z. B. unter Antibiotika, zurückbilden. Tun sie das nicht oder besteht ein starker klinischer Verdacht auf ein Malignom, sollte zügig eine weitere Diagnostik eingeleitet bzw. die Patientin an ein Spezialzentrum überwiesen werden.
Die Therapie des inflammatorischen Mammakarzinoms besteht in der neoadjuvanten Chemotherapie, gefolgt von der modifiziert radikalen Mastektomie inklusive Axilladissektion, der adjuvanten Chemotherapie sowie der anschließenden Bestrahlung der Thoraxwand und der regionalen Lymphabflusswege. Bei entsprechenden Tumorcharakteristika bieten sich ferner eine antiendokrine, eine gegen HER2 gerichtete oder andere zielgerichtete Therapien an.
Bei der Diagnose eines inflammatorischen Mammakarzinoms liegt mindestens ein Stadium III vor und die onkologische Prognose ist schlecht: Die betroffenen Frauen haben im Vergleich zu solchen mit einem nicht inflammatorischen Tumor ein kürzeres progressionsfreies und Gesamtüberleben. Bei rechtzeitiger Einleitung wirkt sich die multimodale onkologische Behandlung jedoch günstig auf die lokoregionäre Tumorkontrolle aus. LO
Quelle: Hester RH et al.: Inflflammatory breast cancer: early recognition and diagnosis ... Am J Obstet Gynecol 2021: S0002-9378(21)00444-0

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