Depressiv und schwanger

Gyn-Depesche 6/2022

Antidepressiva in der Schwangerschaft – Entwicklungsstörungen beim Kind?

Die Ergebnisse einer Kohortenstudie aus den USA legen nahe, dass die Einnahme von Antidepressiva in der Schwangerschaft nicht das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen (NDD) bei Kindern erhöht.
Die Einnahme von Antidepressiva während der Schwangerschaft wurde in einigen Studien mit NDD bei Kindern in Verbindung gebracht. Die Ergebnisse lassen sich jedoch durch unkontrollierte Beeinflussung, durch den psychischen Gesundheitszustand der Eltern, die Genetik und Umweltfaktoren erklären, wie amerikanische Forschende in einer groß angelegten datenbasierten Kohortenstudie mit über 3 Mio. Schwangeren herausgefunden haben. Als Datenbasis verwendeten sie die Forschungsdatenbanken Medicaid Analytic eXtract (MAX; 2000–2014) und die IBM Market- Scan (MarketScan; 2003–2015).
Die Ergebnisse: Unter den in die Analyse einbezogenen Frauen befanden sich 145.702 Antidepressiva-exponierte und 3.032.745 nicht-exponierte Schwangerschaften; das mittlere Alter der Antidepressiva- exponierten und nicht-exponierten Schwangeren lag bei 26,2 (5,7) und 24,3 (5,8) Jahren in MAX und 32,7 (4,6) bzw. 31,9 (4,6) Jahre in MarketScan. In MAX, wo auch Informationen über Hautfarbe und ethnischer Zugehörigkeit erhoben wurden, waren 72,4 % der Antidepressiva- exponierten und 37,1 % der nicht exponierten Personen weiß.
Die groben Ergebnisse deuten auf ein bis zu doppelt so hohes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen im Zusammenhang mit der Antidepressiva-Exposition hin; in den vollständig bereinigten Analysen konnte jedoch kein Zusammenhang beobachtet werden. Beim Vergleich von Antidepressiva-exponierten und nicht-exponierten Geschwistern lagen die HR bei 0,97 für alle NDD, bei 0,86 für Autismus-Spektrum-Störungen, 0,94 für Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen, 0,77 für spezifische Lernstörungen, 1,01 für Sprach-/ Sprachentwicklungsstörungen, 0,79 für entwicklungsbedingte Koordinationsstörungen, 1,00 für geistige Behinderung und 0,95 für Verhaltensstörungen. Die Ergebnisse galten für alle Antidepressiva- Klassen und -Medikamente sowie für alle Expositionsfenster.
Die Ergebnisse dieser Kohortenstudie legen nahe, dass die Einnahme von Antidepressiva in der Schwangerschaft selbst nicht das Risiko für NDD bei Kindern erhöht, so das Fazit der Forschenden. Eine Antidepressiva- Exposition in der Schwangerschaft könnte aber ein wichtiger Marker für die Notwendigkeit eines frühzeitigen Screenings und einer Intervention bei den Nachkommen sein. AZ
Quelle: Suarez EA et al.: Association of Antidepressant Use During Pregnancy With Risk of Neurodevelopmental Disorders in Children. JAMA Internal Medicine, Published online October 3, 2022, doi:10.1001/ jamainternmed.2022.4268

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