Kongress der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung 2017

Gyn-Depesche 3/2017

Antikoagulation Schwangerer – Kinder mit CSVT – Schwangere mit TTP

Im Rahmen der 61. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) in Basel wurden neue Erkenntnisse zum Thema Thrombosen präsentiert und das Management in verschiedenen Situationen infrage gestellt. Im Fokus standen dabei auch thrombotische Ereignisse bei Kindern und Schwangeren.

Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft
 
Dass das Thromboserisiko werdender Mütter nicht unterschätzt werden sollte, zeigten Daten der Arbeitsgruppe um Dr. Andrea Gerhard, Ulm. Die Forscher analysierten das Risiko einer erneuten venösen Thromboembolie (VTE) bei 142 Schwangeren, die bereits ein VTE-Ereignis erlitten und in der vorigen Schwangerschaft keine Heparinprophylaxe erhalten hatten. Von denjenigen Frauen, die eine Thrombophilie aufwiesen, waren 4% betroffen. Bei allen von ihnen war das zurückliegende VTE-Ereignis mit einem transienten Risikofaktor verbunden. Antepartale Rezidive traten aber auch bei 7 bzw. 14% der nicht-thrombophilen Frauen mit Risikofaktor-assoziierter bzw. idiopathischer VTE auf. Das Risiko für postpartale VTE-Rezidive lag insgesamt bei 8% und betraf überwiegend thrombophile Frauen. Die antepartale Thromboseprophylaxe sollte aus Sicht der Autoren standardmäßig auf alle Frauen mit zurückliegenden Risikofaktor-assoziierten Thrombosen ausgeweitet werden, unabhängig vom Vorliegen einer Thrombophilie.
Prof. Saskia Middeldorp, Amsterdam, argumentierte dagegen, eine Antikoagulation im Rahmen der Schwangerschaft nur in bestimmten Fällen zu erwägen. „Insgesamt gibt es nur begrenzt Evidenz für den Nutzen einer Antikoagulation mit Heparin oder ASS in Bezug auf die Lebendgeburtraten“, so Middeldorp. Das zeigten aktuelle Metaanalysen sowohl für Frauen mit mehrfachen unerklärten Fehlgeburten, Antiphospholipidsyndrom (APS) oder erblicher Thrombophilie. Hinweise auf einen positiven Einfluss auf die Lebendgeburtenrate gibt es laut Middeldorp nur für ASS bei Frauen mit APS und wiederholten Fehlgeburten, sowie bei Frauen mit Vorgeschichte einer Präeklampsie. Schwächer ist die Datenlage für eine Heparinprophylaxe bei Patientinnen mit APS oder mehrfachen Fehlgeburten.
 
Hirnvenenthrombosen bei Kindern und Neugeborenen
 
„Zerebrale sinovenöse Thrombosen (CSVT) treten deutlich häufiger bei Neonaten auf als bei älteren Kindern“, informierte Dr. Susanne Holzhauer, Berlin. Zur Verdeutlichung der altersspezifischen Unterschiede führte sie Daten einer deutschlandweiten populationsbasierten Kohortenstudie an. Zwischen 2001 und 2010 wurden darin insgesamt 599 Fälle von CSVT bei Kindern zwischen ein und 18 Jahren erfasst. Überproportional häufig betroffen waren Kinder im ersten Lebensjahr (n=165). Während bei den Neugeborenen überwiegend Jungen betroffen waren (72%), war das Geschlechterverhältnis bei älteren Kindern ausgeglichener (56% Jungen). Die meisten CSVT-Ereignisse waren mit systemischen Infektionen als transientem Auslöser verbunden (21 vs. 12% bei Neonaten bzw. älteren Kindern). Bei den Neugeborenen war der Sinus sagittalis superior die am häufigsten betroffene Region (57%), gefolgt vom Sinus transversus sigmoideus (20%). Bei den älteren Kindern waren beide Lokalisationen etwa gleich häufig betroffen (37 bzw. 39%). Das Mortalitätsrisiko der Neonaten war insgesamt mehr als sechsmal höher als das der älteren Kinder. Mit rund dreimal höherer Wahrscheinlichkeit handelte es sich bei ihnen außerdem um eine unprovozierte CSVT.
 
Schwangere mit TTP adäquat versorgen
 
„Eine sehr seltene, aber schwerwiegende Schwangerschaftskomplikation ist die thrombotisch- thrombozytopenische Purpura (TTP)“, erläuterte Dr. Anne-Sophie von Krogh, Trondheim. „Die Fehlgeburtenrate von schwangeren TTP-Patientinnen beläuft sich auf rund 40%“, so von Krogh weiter. Um frühzeitig adäquate Maßnahmen einleiten zu können, ist es daher sehr wichtig, das Vorliegen einer TTP möglichst rechtzeitig zu identifizieren. In diesem Zusammenhang gab von Krogh Tipps für das richtige Vorgehen: Präsentiert sich eine schwangere Patientin mit mikroangiopathischer hämolytischer Anämie, sollte zunächst in jedem Fall eine Plasmapherese bis zur Remission eingeleitet werden. Ob tatsächlich eine TTP vorliegt, und ob diese immunvermittelt oder erblich bedingt ist, verrät eine Analyse des verantwortlichen Genlocus (ADAMTS13-Assay). Um eine erworbene immunvermittelte TTP handelt es sich dann, wenn die ADAMTS13-Aktivität <10% beträgt und inhibitorische Antikörper vorliegen. In diesem Fall sollten Steroide zur Immunsuppression und niedrig-dosiertes ASS verabreicht werden. Im Gegensatz dazu weisen Schwangere mit hereditärer TTP keine Antikörper auf. Kennzeichnend für die erbliche TTP ist eine Mutation im ADAMTS13-Gen. Patientinnen dieser Gruppe sollten zusätzlich zu ASS mit einer Thrombozyten- Infusion versorgt werden. Außerdem sollte man im Verlauf der Schwangerschaft die Plättchenzahl, die uterine Blutversorgung und das fetale Wachstum der betroffenen Frauen im Auge behalten. Bei Folgeschwangerschaften sollte Patientinnen mit erworbener TTP prophylaktisch ASS oder Heparin gegeben werden. Fällt die ADAMTS13-Aktivität dabei erneut unter die kritische 10%-Grenze, können Plasmapherese und Immunsuppression, gegebenenfalls auch die Gabe von Rituximab erwogen werden. Patientinnen mit erblicher TTP sollten auch in einer Folgeschwangerschaft mit einer Thrombozyten-Infusion versorgt werden. Im Idealfall sollte ein Entbindungstermin innerhalb der 28. bis 36. Schwangerschaftswoche angestrebt werden. OH
ICD-Codes: M31.1 , O87.3

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x